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Von einem Gastmahl1 aus einem thebanischen Grabe.
Brit. Mus. Inv. Nr. 37984.

Zeit: 2. Hälfte der 18. Dyn.
(um 1400 v. Chr. G.).
Malerei auf Stuck.

Gastmähler s. a. Taf. 7, 28, 39, 76, 89, 90.
Zur Anordnung der Gäste vgl. Taf. 7, 39, 76.
Zur Tracht vgl. im allgemeinen Taf. 7, doch sind einige nicht unwesentliche Einzelheiten
besonders zu bemerken. Einmal sind zwei Herren ohne Perücke und Obergewand erschienen;
sie tragen Hals- und Armschmuck und einen kurzen Schurz von altertümlicher Form mit einem
spitzen Zipfel als vorderer Endigung. Sie sind dadurch als Priester2 charakterisiert. Der
Konservatismus der Kirche prägt sich ja immer und überall auch in der Kleidung ihrer
Diener aus. Eigentümlicherweise tragen beide Männer aber auf dem kahlen Schädel die Salb-
kegel, — die Folgen müssen für unseren Geschmack wenig angenehm gewesen sein, denn die
Pomade hat sich natürlich ungehindert über den Kopf und das Gesicht ergossen.
Die anderen Männer tragen einen kürzeren Schurz und das schon mehrfach erwähnte
lange Gewand. In den meisten Fällen lassen die Darstellungen auf den Wänden keine Ent-
scheidung darüber zu, ob man das lange Kleid über oder unter
dem Schurz getragen hat, aus Gründen der historischen Entwicke-
lung des Gewandes und auf Grund rundplastischer Darstellungen hat
man mit Recht angenommen, daß der Schurz
stets unter dem langen Gewände getragen
worden ist. Wenn man dem Maler glauben
darf, kommt aber auch der andere mögliche
Fall vor, nämlich der zweite Mann von links,
dessen Kopf fortgebrochen ist, trägt deutlich
den oben genannten Priesterschutz über dem
langen Kleide; er ist übrigens der einzige, der
nicht den zu dieser Zeit üblichen Schendot
mit spitzem Vorderblatt zu dem langen Ge-
wände angelegt hat.
Zur Tracht der Dienerinnen vgl. Taf. 7,14.
Die Gäste sitzen auf hochlehnigen gepolsterten Stühlen3 oder Hockern4, deren Beine und



1 Champoll. Taf. 37/ter (nur die Musikantinnen); Rosell. M.C. 98,4 u. 99,1; Wilk. II 390; Wilk.-B. II 37;
Perr.-Chip. 730 (nur die Musikantinnen); Masp. Hist anc. II 522; Masp. Arch. 171; Masp.-St, 168;
Erman 336 (mit Besprechung); Brit. Mus. Guide 09 S. 37; Steindorff Blütezeit 127; Capart Art eg. II
177; B.-B. 84 im Text; Hunger-Lamer Nr. 73.
2 Weiss Gesch. 212; Erman 401. 3 Leiden MR. 4 Brit. Mus. Photo Mansell.

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Rahmen aus dünnem, weißbemaltem Stabwerk bestehen. Auf der Erde, scheinbar unter den

Sitzen, stehen Körbe voll Früchte, mit Blumen geziert, zwei Reihen Krüge5 im Vordergrund
enthalten die Bewirtung, große, langhalsige Gefäße, die auf den üblichen
Ständern6 stehen; noch sind sie verschlossen, Guirlanden umschlingen sie und
rv Reben hängen von ihnen herab.
M’v Zur Erlustigung der Gäste tragen einige Angehörige des Harems mit
jp - Musik und Tanz7 bei. Ein Mädchen spielt eine Doppelflöte8, deren Mund-
X'; .« ■ stück der Farbe nach aus einem anderen Material ist als der Schaft, der aus
glfe-. .. , Rohr oder Holz bestanden hat. Man hat einfache Flöten gefunden, die einen
gespaltenen Strohhalm als Mundstück haben, ob derartiges auch bei Doppel-
^^7 flöten angenommen werden darf, ist aber zweifelhaft. — Zwei andere Mädchen
klatschen mit den Händen den Takt, eine schließlich singt das Died, dessen
5 ’ Text, nur fragmentarisch erhalten, über ihren Häuptern steht:



„...von Duft . . . . Ptah läßt den Geb ergrünen, und seine Schönheit ist an jedem Reibe,
Ptah macht es mit seinen eigenen Händen zur Rabe für sein Herz dadurch, daß die Kanäle r
erfüllt sind mit neuem Wasser und das Rand überschwemmt ist von seiner Riebe“.
Es ist ein Ried zum Preise der Überschwemmung, dieses Hauptfaktors für das
gesamte ägyptische Wirtschaftsleben. Wo das befruchtende Wasser hingedrungen ist
zur Freude des Weltschöpfers Ptah, dem das Rand dieses Geschenk verdankt, da über-
zieht der Erdgott Geb seine Oberfläche mit seinem schönsten Schmuck, dem frischen
Frühlingsgrün. — Zu diesem heiteren Riede vollführen zwei junge Sklavinnen einen
kunstvollen Tanz, der dem Maler Gelegenheit zu einer kühnen, sehr geschickt aus-
geführten Überschneidung der beiden Körper gegeben hat. —
Übrigens hat der Maler auch sonst Freude am Ungewöhnlichen bewiesen, so hat
er die Oberkörper zweier Musikantinnen fast ganz in Vorderansicht wiedergegeben, sie
in den Hüften aber nach rechts ins Profilische gedreht, eine gezwungene, aber nicht
unmögliche Haltung. Die links sitzenden Mädchen sind wieder, wie üblich, ganz von
der Seite gesehen, so hat der Maler einen Zusammenschluß der vier Figuren zu einer )
wirklichen Gruppe versucht. Eine ganz ähnliche Komposition findet sich im Grabe
des Nebamon9. — Sitzende Gestalten mit dem Gesicht in Vorderansicht sind sehr selten, '
ich kenne nur eine10; von stehenden ist der trauernde Pförtner des Berliner Bruch- ’
Stücks11 bemerkenswert, ferner der Blasebalgtreter von Taf. 36 und schließlich das ,
Fragment einer Gruppe von Musikantinnen12 aus dem Grabe des Haremheb, die Wil-
kinson13 noch vollständiger gesehen hat. In Kriegsszenen oder sonstigen Wiedergaben »
stark bewegter Menschenmassen sowie bei Tierdarstellungen ist die Vorderansicht häu-
figer, s. dazu B.-B. 34,4; 79/80 Anm. 31 und Nachtrag. —

5 Berlin Inv. Nr. 14613 NR. 6 S. Taf. 22,10.
7 Wilk. II 328; Wilk.-B. I 500; Erman 335; Wiedemann Der Tanz im alt. Aeg. Leipzig 1893.
8 Kairo. — S. Taf. 43,6, besonders Loret a. a. O. 45 für die Frage des Strohmundstücks.
9 Schech abd el Gurna Nr. 90, Querraum, linke Eingangswand; s. Wilk. II 236, Wilk.-B. I 440.
10 Brüssel Mus. du Cinquantenaire 831. 11 Berlin Inv. Nr. 13297 NR.
12 Schech abd el Gurna Nr. 78, Querraum, linke Eingangswand. 13 Wilk. II 237; Wilk.-B. I 441.





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