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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 17.1924

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Knipp, Franz: Das psychologische Problem der Komik, insbesondere der Situationskomik
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https://doi.org/10.11588/diglit.3619#0240
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236 FRANZ KNIPP.

indem er jede »nach Selbständigkeit strebende Ästhetik nach Möglich-
keit« in einer eigenen, psychologischen Oesamtanschauung begründet
wissen will (Ä. II, S. 392).

Mit dem in der Literatur unseres Problems immer wiederkehrenden
Begriff des Objektiv-Komischen, den selbst Lipps und Volkelt, fast
möchte man sagen aus Ehrfurcht vor der Überlieferung, beibehalten,
kann im strengen Wortgebrauch nur gemeint sein der objektive Be-
dingungskomplex des Gefühls des Komischen. Das Komische erscheint
in Situationskomik, Anschauungskomik und Witz wie die Erscheinungs-
weisen der Farben: Raumfarben, Flächenfarben und Oberflächenfarben.
Was z. B. das Erlebnis der Situationskomik außer dem Gefühl des
Komischen noch ausmacht, ist streng genommen ja auch etwas Sub-
jektives. So wäre denn die Gattung des Objektiv-Komischen mit ihren
Arten durch die mitbeteiligten, subjektiven Momente zu charakterisieren
als Erscheinungsweise des Komischen überhaupt, weil die differentia
specifica, die das Objektiv-Komische gegenüber dem Allgemein-Komischen
zum Objektiv-Komischen macht, durchaus auf der subjektiven Seite nach-
zuweisen ist. Aus diesem Grunde ist der Begriff »objektiv-komisch«
irreführend und öffnet der Gefahr des naiven Realismus Tür und Tor,
selbst dann, wenn eine anders geartete Anwendung des Begriffs, wie
wir sie bei Lipps und Volkelt antreffen, damit verbunden ist.

Das Problem des Komischen muß sich für den Psychologen als
das Problem einer Beschreibung (Phänomenalanalyse) und Erklärung
darstellen. Diese letztere Seite wird von bestimmter erkenntnistheoreti-
scher Richtung (z. B. dem Positivismus) als berechtigt verneint, dürfte
jedoch für eine abschließende Auseinandersetzung, wenigstens von
vornherein, nicht als Aufgabe geleugnet werden. So finden wir denn
auch, obzwar nur einen der beiden Psychologen, die wir uns als
Führer durch das verwickelte Problem gewählt haben, durchaus mit
diesen beiden Seiten der Problemstellung beschäftigt. Unsere Orien-
tierung ist so gedacht, daß wir den sachlichen Zusammenhang der
einzelnen Stadien des Phänomens als Leitfaden benutzen, die Stellung-
nahme unserer Hauptautoren Lipps und Volkelt dazu jeweils behan-
deln und, diese abwägend und kritisch beleuchtend, zur eigenen Stel-
lungnahme, die auf eine relativ endgültige Definition des Begriffs des
Komischen abzielt, auszuwerten bemüht sein werden.

1. Kapitel: Komponenten des Gefühls des Komischen.

Zum Aufweis der einzelnen Komponenten, die das Gefühl des
Komischen zunächst im reinen Aufmerksamkeitserlebnis ausmachen,
 
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