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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 17.1924

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Knipp, Franz: Das psychologische Problem der Komik, insbesondere der Situationskomik
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https://doi.org/10.11588/diglit.3619#0257
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DAS PSYCHOLOGISCHE PROBLEM D. KOMIK, INSBES. D. SITUATIONSKOMIK. 253

unseres Phänomens. Es dürfte unwidersprochen sein und bleiben, daß
ein Experiment auf Grund kritisch gesichteter Begriffe zu ganz anderer
Fruchtbarkeit befähigt ist als ohne die Erfüllung dieser Voraussetzung.
Eine weitere Berechtigung einer solchen mehr begrifflich-kritischen als
empirisch fundierten Untersuchung liegt auch in der bisherigen rela-
tiven Ergebnislosigkeit der experimentellen Arbeiten auf dem Gebiete
des Komischen. Sie erklärt sich zwar durch die ebenso komplexe wie
labile Natur des Gefühls des Komischen, dürfte aber ebensowohl be-
gründet sein in dem vorwiegend induktiv-empirischen Charakter des
halben Jahrhunderts der experimentellen Psychologie, an dessen Ende
wir allem Anscheine nach stehen. Denn dieser vorwiegend induktiv-
empirische Charakter bringt es unerläßlicherweise mit sich, daß das
Ergebnis experimenteller Arbeiten mehr von der zufällig gehaltenen
Untersuchungsrichtung abhängt, als im Interesse einer systematischen
Klärung des Problems gelegen sein kann. Die Reaktion hiergegen geht
in durchaus gesunder Weise von einer auf das Universelle gerichteten
Individualpsychologie im Sinne von Lipps aus, die freilich — dessen
sind wir uns wohl bewußt — ihrer Ergänzung im experimentellen
Verifikationsversuch notwendig bedarf. Es ist umso befremdender, daß
die experimentelle Psychologie sich dem Problem der Komik durchaus
nicht mit dem gleichen Eifer zugewandt hat wie anderen Problemen,
als gerade der Fall Lipps zu zeigen geeignet ist, daß unser Phänomen
eine besonders günstige Gelegenheit bietet, gewissermaßen ins innerste
Getriebe psychischer Vorgänge einen überraschenden Einblick zu ge-
währen. Wir sagen »geeignet ist«, weil der Schluß nahe liegt, daß so
individuell gerichtete Forschernaturen wie Lipps ihre Aufmerksamkeit
notwendig den Phänomenen zunächst zuwenden werden, die sich mit
besonderer Deutlichkeit und Aussicht auf Fruchtbarkeit darbieten1).

') Wer sich am Schlüsse unseres nüchternen, durch die strenge Absicht einer
rein psychologischen Klärung des spezialisierten Problems diktierten Versuchs nach
der bunten Vielgestaltigkeit lebendiger Komik sehnt, lese Bergsons geistreiche Ab-
handlung über das Lachen, die in ihrer künstlerischen, metaphysische Hintergründe
streifenden Darstellung mit der hier gebotenen, farblosen Sachlichkeit versöhnen mag.
 
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