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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 17.1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.3619#0279
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BESPRECHUNGEN. 275

zu klären (S. 103—137). Mit Erfolg. Für jeden Fall ist in Popps begriffszerglie-
dernder Arbeit ein tüchtiges Stück Weg zurückgelegt in der Richtung, in der die
idea clara et distincta gesucht werden muß: es handelt sich um den Eindruck
einer formal großen Kunstwirkung (S. 107, 108). Dieser Eindruck beruht
auf dem Zusammenwirken einer Vielzahl von Faktoren. Sie werden auseinandergelegt.
Es ist eine untergeordnete Frage, ob es nun gerade diese und alle diese Faktoren
sein können oder müssen (Überragendheit — ein hartes Wort —, Isolierung, Be-
schränkung, Einfachheit und Einheitlichkeit, Volumen, Kraftentfaltung). Wichtiger ist
es, daß Popp doch das Monumentale zu sehr auf das Formale beschränkt. Auch
Fr. Th. Vischer, von dem Popp in gewissem Sinne ausgeht (S. 106), spricht von
Grundzügen des mit Geist durchdrungenen Gegenstandes, die ins Licht gebracht
werden sollen. Popp schreibt: »Der geistig bedeutende Stoff muß, wenn er wirksam
werden soll, Formelemente des Großen in sich bergen. Dann aber ist es doch letzten
Endes wiederum die Form, von der auch der bedeutendste Inhalt in seiner Anschau-
ungswirkung abhängig ist« (S. 130, 132). Hier ist die Form doch zu sehr durch das
Denken als Element herausgelöst. Für die Anschauung besteht ein Wirkungs-
ganzes aus Inhalt und Form. Freilich, je höher die Kunst, desto stärker ist der Inhalt
formgeworden: am stärksten und reinsten im Monumentalen. Der, wie ich meine,
zu formal gefaßte Begriff des Monumentalen müßte nach der Richtung hin weiter
entwickelt werden, in die Coelles' Begriff weist. Coelle meint: »Monumentalität im
echten Sinne bedeutet eine Größe der Haltung, welche aus der Weltidee in ihrer
das Individuelle überragenden Macht folgt* (Die neue Malerei- S. 55). Ein bedeuten-
der geistiger Gehalt bedeutet für die monumentale Form wohl mehr als den »Vor-
teil eines bestimmten Eindruckes für das Große« (S. 130). Nur muß dieser bedeu-
tende geistige Gehalt auch in einem profanen Gebrauchstück, wie etwa dem großen
römischen Broncekessel im Bayerischen Nationalmuseum, gefunden werden können,
nicht in seiner Zweckbestimmung, sondern im Zusammenhang mit einem großen
kulturellen Ganzen, von dem auch seine Formung ein Niederschlag ist. Soll aber die
geistige Stofflichkeit im engsten Sinne verstanden werden, dann ist den Ausfüh-
rungen auf S. 127 ff. zuzustimmen. Eine andere Frage wäre wohl noch, wie sich die
von Popp aufgestellten Faktoren innerlich zu einander verhalten. An einer Stelle
heißt es: »Es muß das Überragende in der Gesamtform, im Volumen und in der
Kraft zur Anschauung kommen« (S. 120). Es müßte wohl noch eine stärkere Archi-
tektonik der Faktoren sich finden lassen.— Nicht zu übersehen: Das Monumentale
ist nicht die höchste Leistung der Kunst; das Übergroße, das Erhabene greifen höher
und weiter in Form und Geist hinein. Außerdem gibt es neben der Großheitswirkung
andere bedeutende Wirkungen; man denke etwa an Werke eines Rembrandt (S. 132).
Bei weitem nicht so eingehend wie das Wesen des Monumentalen wurde der Be-
griff des Dekorativen untersucht (S. 8 ff., 132ff.), weil letzten Endes nur gefragt wer-
den sollte, »ob und inwieweit die dekorative Malerei Monumentalmalerei ist und ob
zum Wesen des Monumentalen ein dekoratives Element gehört« (S. 132f.). Das Er-
gebnis : »Man kann die Wandmalerei wohl als dekorative, aber nicht als monumen-
tale Malerei bezeichnen« (S. 135). Dekorativ und monumental sind verschiedene Ka-
tegorien (S. 137). Das Monumentale wurzelt ganz und gar in sich und will nicht
über sich hinaus (S. 135). Das dekorative Bild gehört und lebt nicht sich selbst, es
gehört wesentlich einem anderen Lebenskreis an, dem es zum Schmuck gereichen
will (S. 133). Dieses Ergebnis bedeutet eine scharfe, vielleicht zu scharfe, aber doch
eine begriffsklare Frontstellung: »Wir sind heute vielfach so weit, daß sich Monu-
mentales und Dekoratives nicht mehr ausschließen« (S. 132).

Auf Einzelheiten kann nicht mehr eingegangen werden (z. B. auf die stellenweis
 
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