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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 17.1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.3619#0308
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304 BESPRECHUNGEN.

Oper spielt, ist eine jener Entwicklungserscheinungen, die für den Historiker von
besonderem Interesse sind. Zeitgenosse Mozarts, um die Wende des 18. Jahrhunderts
weit über Deutschlands Grenzen gewertet, wurde er bald vergessen. Sein Werk
wuchs nicht zu verschmelzender Einheit, sondern blieb Sammelbecken gegensätz-
licher, sich kreuzender Einflüsse; er stand noch in der Entwicklung der spätneapo-
litanischen Oper, welche Mozart in sich zusammenfaßte und abschloß, und ragt in
Einzelzügen bereits in die deutsche Romantik hinein.

Das dramatische Lebenswerk dieses Komponisten wird in dem vorliegenden
Buche zusammengefaßt. Es bringt zuerst die Grundlage einer Lebensbeschreibung,
dann die Bibliographie und Analyse der Opern und faßt die Ergebnisse der Teil-
arbeit in einer Analyse der ganzen Persönlichkeit zusammen.

Von diesen Untersuchungen gehen die musikalischen Studien über den histo-
rischen Standpunkt hinaus und übergreifen in den Bereich ästhetischer Fragestellung.
Der Verfasser geht auch in diesem Teile seiner Arbeit von der natürlichen histo-
rischen Gruppenteilung der Werke aus und untersucht die italienischen, schwedischen,
Berliner und Dresdener Opern gesondert. Objekte der stilistischen Untersuchung
sind Arie und Rezitativ in ihren Wandlungen, instrumentale Teile, Orchestertechnik,
Finalebildungen, Gesamtformen und Motivbehandlung, das jeweilige Verhältnis zu
Hasse, den Italienern, Gluck, später auch zu Haydn und Mozart. Für alle diese Ge-
sichtspunkte ergeben sich zahlreiche Momente. Die vielfachen Bindungen der Opern
zeigen die einzelnen Probleme in wechselnden und einander ergänzenden Be-
ziehungen. Man empfindet daher den Wunsch, der Verfasser hätte auf Gruppen-
teilung verzichtet und wäre von der schwierigeren, aber wohl lohnenderen Betrach-
tung des Gesamtwerkes ausgegangen. Dieses Werk, das rückwärts bis zu Scarlatti,
vorwärts bis zu Weber führt, ist gerade durch seine gespaltene, vielfach verwurzelte
Physiognomie von hohem Reiz, welchen die beigegebenen Stücke aus den wichtig-
sten Opern ahnen lassen.

Dieser Wunsch beeinträchtigt nicht die Anerkennung einer ausgezeichneten
Arbeit. Schon die Tatsache, daß aus einer kleinen Dissertation im Laufe eines Jahr-
zehnts ein Lebensbild von derartiger Breite und Plastik und vorbildlich guter histo-
rischer Fundierung herausgewachsen ist, bezeichnet einen hohen Wert. Mit dieser
menschlichen Einstellung aber befindet sich die wissenschaftliche Beurteilung in
völligem Einklang.

Berlin. Hans Mersmann.

Der zweite Kongreß für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft
mußte infolge der wirtschaftlichen Verhältnisse und ihrer Rückwirkung auf die plan-
mäßige Durchführung der gestellten Aufgabe vertagt werden. Als Zeitpunkt wurde
der März 1924 in Aussicht genommen. Genauere Mitteilung soll im nächsten Heft
dieser Zeitschrift erfolgen. Die Anmeldungen behalten ihre Geltung.

Für den Arbeitsausschuß: Dessoir (Berlin), Menzer (Halle).
 
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