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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 7.1912

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Moog, Willy: Die homerischen Gleichnisse, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3592#0118
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114 WILLY MOOG.

bieten, einen analogen Fall aufweisen, der die Wahrheit des wirklich
Gemeinten bestätigt. Etwas derartiges liegt II. 23, 315 vor:

»Mehr ja vermögen durch Rat Holzhauende weder durch Stärke;
Auch durch Rat nur lenket im dunkelen Meere der Steurer
Sein schnellwandelndes Schiff, das stürmender Winde Gewalt wirft;
So durch Rat auch besiegt ein Wagenlenker den andern.«

Im folgenden wird dann ein Bild von dem unbesonnenen und dem
besonnenen Wagenlenker gezeichnet. Die Wohlberatenheit und Klug-
heit soll hier anempfohlen werden, und es geschieht das durch eine
Art von Analogieschluß. Wenn man aber nur das Wörtchen »wie«
einsetzt, lassen sich aus den einzelnen Beispielen regelrechte Vergleiche
bilden. In Od. 7, 108 ist der Oleichnischarakter ganz abgestreift, und
wir empfinden nur noch die Nebeneinanderstellung zweier ganz ver-
wandter und gleichrealer Fälle, die sich gegenseitig ergänzen:

»Denn so weit die Phäaken vor jeglichem Manne geübt sind,
Hurtig ein Schiff zu lenken im Meer; so siegen die Weiber
Dort in der Kunst des Gewebes.«

Sozusagen ein geistiges Maß wird angenommen in den mancherlei
Ausdrücken, die ein Gelten, Achten usw. bedeuten. So entstehen
Wendungen wie: jemand achten oder ehren gleich wie sein eigenes
Haupt, wie sein Kind, wie Eltern, wie seine Gattin, wie einen Gott usw.
— Eigentümlich ist Od. 4, 791: »so viel ein Löwe sinnt im Getümmel
der Männer voll Furcht, wenn sie um ihn listig den Kreis ziehen, so
viel überlegte sie (Penelope).« Hier scheint die Menge und Intensität des
Denkens gemessen zu sein, daneben aber kommt gewiß auch die
qualitative Beschaffenheit und Ähnlichkeit der Lage in Betracht.

Ebenso wie das Meßbare durch einen Vergleich bestimmt wird,
kann auch das, was nicht mehr durch positive Maße zu erfassen ist,
das Zahllose, Unermeßliche usw. zum Ausdruck gebracht werden.
In II. 2, 459 ff. sind drei Bilder hintereinander, welche eine Vorstellung
von der Menge der ausziehenden Krieger erwecken sollen. Das erste
Gleichnis, in dem die Troer mit Vögelscharen verglichen werden, dient
allerdings nicht bloß der Bezeichnung der Zahlenmenge, ebenso nicht
das dritte, das die Achäer mit Mückenschwärmen vergleicht, wenn
auch das »so viele« des Nachsatzes darauf hinweist, wohl aber der
kurze Vergleich V. 468: »unzählige, so viel Blätter und Blüten erstehen
im Frühling«; derselbe Vergleich Od. 9, 51: es ist das ein bekannter,
fast formelhafter Vergleich, ähnlich wie 11.9, 385 »so viel Sand und
Staub«. Im Gleichnis II. 8, 555, das die Pracht des Sternenhimmels
schildert, lautet der Nachsatz: so viel Feuer brannten in der troischen
Ebene; neben der Zahlenmenge soll hier aber sicher auch der leuch-
tende Glanz verglichen werden. 11. 19, 357 wird die Masse der Helm-
 
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