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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 7.1912

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Moog, Willy: Die homerischen Gleichnisse, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3592#0270
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VII.

Die homerischen Gleichnisse.

Von
Willy Moog.

IL

Die meisten Forscher sind sich heute darüber einig, daß die Ilias,
wie auch die Odyssee, weder ganz von einer Hand stammt, noch ein
bloßes Konglomerat von einzelnen Liedern ist. Man darf wohl von
einer großen dichterischen Persönlichkeit sprechen, die den Kern der
Ilias geschaffen und die ganze Komposition des Werkes nach einer
Grundidee bestimmt hat. Unzweifelhaft waren schon vorher einzelne
Geschichten und Sagen mehr oder minder dichterisch ausgestaltet, die
jetzt benutzt wurden, unzweifelhaft haben sich dann an die Gesamt-
dichtung spätere Bestandteile als Ergänzungen, Episoden usw. ange-
setzt. In manchen Fällen können wir die Scheidung von älteren und
jüngeren Stücken mit großer Bestimmtheit vornehmen, in anderen ist
sie höchst unsicher. Auch an den Gleichnissen müssen sich wohl
Verschiedenheiten nachweisen lassen, aber es ist sehr schwierig, sie
festzustellen, da der Schüler oder Nachahmer natürlich Gleichnisse
übernommen oder im Sinn des Meisters ausgestaltet haben kann und
mit oder ohne Absicht den Stil seines Vorbildes genau zu kopieren
strebt.

Sicher zu den ältesten Teilen der Ilias gehört das 11. Buch, und
zugleich ist es eins von den Büchern, die mit Gleichnissen und Ver-
gleichen reich ausgestattet sind. Die Gleichnisse beziehen sich fast
alle auf Aktionen des Kampfes, auf das Vorgehen und Zurückweichen
der Helden: sie dienen also zur Bezeichnung physischer Vorgänge
und Hervorhebung der physischen Kraft. Relativ die meisten gelten
dem Verhalten Agamemnons, so V. 113 ff., 155 ff., 172 ff., drei Gleich-
nisse nahe hintereinander, die den Angriff Agamemnons gegen die
Troer zum Gegenstand haben; die Gleichnisse V. 292 ff., 297 ff., 305 ff.
sind Hektor gewidmet, die folgenden drei beschäftigen sich mit Odysseus
und Diomedes, dann drei mit Aias und deren Gegnern in der Schlacht.
Es scheint fast, als ob hier bewußt eine Gleichmäßigkeit angestrebt
sei. Die Bilder der Gleichnisse beschreiben ganz überwiegend Szenen
 
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