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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 7.1912

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Utitz, Emil: Zur Lehre von der Einheit in der Mannigfaltgkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.3592#0311
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BEMERKUNGEN. 307

tragischer Tiefe ohne diese vereinheitlichende Einordnung, die immer etwas Kühles,
Distanzierendes an sich hat. So wird denn auch in sogenannten »idealistischen«
Stilepochen der Eindruck der Einheit in der Vielheit viel mehr im Vordergrunde
stehen als innerhalb einer realistischeren Kunstbewegung, die möglichste Lebens-
nähe anstrebt. Denn das Leben zeigt uns Anmut, Grazie, Willkür, Trauer, Leid,
Entsetzen, Freude und Jubel, aber selten klare Einheit.

Ich hoffe, daß die hier durchgeführten Unterscheidungen nicht als pedantische
Zergliederungsversuche angesehen werden; ihren Zweck haben sie erfüllt, wenn
sie das alte Gesetz von der Einheit in der Mannigfaltigkeit in neuem Lichte zeigen
und das Richtige dieser Lehre wahren, indem sie das Unhaltbare zu beseitigen
versuchen. Denn das Gesetz von der Einheit in der Vielheit bleibt bestehen, nur
müssen wir in seiner Deutung vorsichtiger sein und auch hier erkennen, daß die
ästhetischen Fragen weit schwieriger und komplizierter sind, als sie auf den ersten
Blick erscheinen.
 
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