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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 7.1912

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Mies, Paul: Über die Tonmalerei, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3592#0425
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ÜBER DIE TONMALEREI.

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gezogen, um den Gesang des Kuckuckquartetts möglichst abwech-
selnd zu gestalten1).

Auch in Gomberts -»Charit des oiseaux« kommt der Kuckuck vor;
sodann in einem Lied von Laurentius Lemlin (1513—49) »Der Gutz-
gauch auf dem Zaune saß«; dieses Lied gab Georg Forster (1514—68)
as Nr. 29 des zweiten Teils seiner »kurtzweiligen guten frischen teuf-
ten Liedlein zu singen fast lustig« heraus und zwar für sechs
stimmen2). Der Tenor hat die Melodie, die drei Diskante wieder-
oen auf die Silben »guck, guck« die Töne c—a. Aber nicht nur
ln Liedern und Chansons, sondern sogar in Messen hat »der lose Vogel«
es verstanden, sich einzuschleichen. So berichtet Haberl3) von einer
Messe aus der Zeit vor 1450, in welcher »der Tenor keinen anderen
cantus firmus, von entsprechenden Pausen unterbrochen, zu singen
haU als die kleine Terz c—a mit dem Text cucu. Auch die Instru-
mentalkomposition hat sich früh dieses interessanten Vorwurfs be-
mächtigt und ihn bei Gelegenheit verwendet. Frescobaldi (1583 bis
1644) bringt den Kuckucksruf in einem Capriccio*). Eine Fuge einer
Klaviersonate, die wahrscheinlich von J. S. Bach herrührt, trägt die
Überschrift: Thema all' Imitatio Oßllina cucca; der Kuckuck tritt dann
auf mit dem Rufe: a—fis, h-g, also kleine und große Terz5). Die
musikalische Darstellung der Schönheit des Frühlings und der An-
nehmlichkeiten des Landlebens ist nicht vollkommen, wenn nicht der
Kuckuck seinen Ruf hat erschallen lassen. So finden wir ihn in einer
fugeblich von J. J. Fux6) herrührenden »Frühlingssymphonie«, dann
j" Spohrs »Weihe der Töne«7) und in Beethovens Pastorale; bei
Beethoven wird er durch die B-Klarinette mit der großen Terz d—b
nachgeahmt. Die tonmalerische Darstellung des Kuckucksrufes bedient

') Beispiel aus R. Hb. II ', S. 404 ff.
) Publ. Bd. XXIX (R. Eitner).
) Bausteine für Musikgeschichte I, S. 94.
0 Kl. Pr. M. S. 24.

&) KI. Pr. M. S. 52 u. Ausgabe der Bachgesellschaft.
) D- d. T. i. ö. IX 2, S. VIII.
) Kl. Pr. M. S. 125.
 
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