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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 7.1912

DOI Artikel:
Mies, Paul: Über die Tonmalerei, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3592#0432
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428

PAUL MIES.

noch ungleich mehr an eine Nachahmung der Vokale gebunden, als
bei den Vogelstimmen. Schon früh begann man denn auch mit Hilfe
dieses Mittels Tierlaute in die Musik zu übertragen. So berichtet
Ambros1) von einer Frottola des Rossini von Mantua vom Ende des
15. Jahrhunderts, in welcher der Komponist auf den Text gnao, gnao
das Miauen der Katzen nachahmen läßt. O. von Wolkenstein läßt in
seinem schon mehrfach erwähnten Lied »Der Mai« folgende ganz ver-
schiedene Texte auf dieselbe Melodie singen: »Raco sprach der Rab«,
und »Upchachi, so sprach das Fül«8)! Banchieri (aus der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts) schrieb einen »Contrapuncto besiiale«, über
den Ambros folgendes mitteilt3): Den Gipfel der Tollheit erreicht ein
»Contrapuncto bestiale alle mente«. mit dem Argument: »un cane, un
cuccu, un gatto ed un chih per spasso fanno contrapunto a mente sopra
un basso«. Der Baß, der zu diesem Tierkonzert den Grundgesang
bildet, singt ein Narrengewäsch im Latein des Dottore: »Nulla fides
gobbis, simulier et zoppis.« Darüber ertönt der (geschriebene) »con-
trapuncto a mente« der Bestien, der Kuckuck läßt seinen natürlichen
Ruf »cuccu« hören, der Hund bellt »babbau«, die Katze miaut »gnao«
und die Eule heult »chiü« ihrem Namen entsprechend.

Eine musikalische Darstellung der Tierlaute, die auch den in ihnen
enthaltenen Tonhöhen Rechnung trägt, tritt ziemlich spät ein; sie wird
größtenteils erst durch eine vollkommenere Beherrschung der chroma-
tischen Tonleiter möglich. Einer der ersten, der in der Instrumental-
musik die Tierstimmen nachzuahmen suchte, war wohl Farina in
seinem Capriccio stravagante (1628). Wir geben hier als Beispiel die
Darstellung von Katze und Hund.

15. // gatto.

-«=>- %=>- fep- -o- -es-

m

IE

Tz

usw.

// cane.

-x=x—r—r

- usw.

Was diese Notenfolgen mit Katzengeschrei und Hundegebell zu
tun haben sollen, ist kaum einzusehen. Man vernehme aber die Spiel-
anweisung, die Farina zur Nachahmung des Katzengeschreis gibt1):
»Das Katzengeschrey anlanget wird folgender Gestalt gemacht, daß
man mit einem Finger manchen Ton, da die Noten stehen, mehlichen

>) A. III, S. 498.

2) Ausführlicher Text: D. d. T. i. Ö. Bd. IX \

3) A. III, S. 568.

4) Aus Wasiliewski, a. a. O. S. 29 f.
 
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