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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 7.1912

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Mies, Paul: Über die Tonmalerei, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3592#0590
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586

PAUL MIES.

die wir hier als Beispiele heranziehen, alle kurz und einheitlich sind,
bei ihnen die Überschrift einen Text also völlig ersetzt. Aus der
Vokalmusik führen wir als Beispiel eine Stelle von J. Handl an »perse-
quitniniet comprehendite«1). Aus neuerer Zeit erwähnen wir »Hasche-
mann« aus den Kinderszenen und »Pantalon et Colombine« aus Car-
naval von R. Schumann; die leichten, schnellen, gegeneinanderlaufen-
den Figuren des. letzten Stückchens geben das Trippeln des lustigen
Paares recht gut wieder; im Mittelteil scheinen sie sich verloren zu
haben und sich zu suchen. Man könnte das Klavierstück aber auch
»Schmetterling« nennen; diese Überschrift paßt zu ihm ebensogut.

Auf sehr ähnliche musikalische Bildungen wie in den erwähnten
Stücken von Couperin und Kuhnau stößt man sehr häufig, wenn es
sich um die Darstellung des rauschenden Stromes, des brausenden
Meeres handelt; in diesem Falle ist die Analogie aber eine klangliche.
Man sehe hier die Arie (der Kantate 81 »Jesus schläft«) »Die schäu-
menden Wellen von Belials Bächen« von J. S. Bach, den ersten Teil
der Arie »Rollend in schäumenden Wellen bewegt sich ungestüm das
Meer« aus Haydns Schöpfung, die Begleitung zu der Magelonero-
manze »Verzweiflung« von J. Brahms (Op. 33, X). Ähnlich wurde,
wie wir früher festgestellt hatten, das Brausen des Sturmes dargestellt,
was ja auch nicht verwunderlich ist. Mit Hilfe einer klanglichen
Analogie wird das Murmeln des Baches und sein Rauschen bezeich-
nend dargestellt. Wie schon Hiller in dem besprochenen Schriftchen
erwähnt, dient dazu ein »mehrmaliges Erklingen nebeneinanderliegen-
der Töne«. Natürlich brauchen diese nicht immer unmittelbar neben-
einanderzuliegen; meist aber bleibt ein Hauptton deutlich erkennbar,
um den sich die anderen gruppieren. Als Beispiele führen wir an
aus der Kantate »Ino« von Telemann2) die Stelle, wo Ino ins Meer
springt und singt: »Ich walle im Meere, mich heben die Wellen empor«,

49.
Violine I
Violine II

Viola

Ino

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') D. d. T. j. Ö. Bd. XII \ S. 74.
2) D. D. T. Bd. 28, S. 137.
 
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