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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 7.1912

DOI Artikel:
Mies, Paul: Über die Tonmalerei, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3592#0594
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590

PAUL MIES.

Schwirren der Mücken nachahmen sollen; ähnlich lautet eine Rezitativ-
stelle in Haydns Schöpfung.

Dieselben Figuren, die zur Darstellung des Flatterns in der Musik
verhalfen, dienen auch zur tonmalerischen Illustration des Feuers; sie
sind dann vielleicht noch etwas unruhiger. Cavalli benutzt schon
derartige Koloraturen in der Oper »Eritrea« auf das Wort »fiamelle«1)-
In Jomellis Oper »Phaeton«2) finden sich bei der Schilderung der
brennenden Welt Violinfiguren, die sich ganz ähnlich in R. Wagners
Feuerzauber aus der Walküre wiederfinden. Wir wollen diese beiden
Stellen zum Vergleiche untereinandersetzen:
53. Jomelli.

Wagner. 8"

Ähnliche Stellen enthält auch der erste Akt von Wagners Siegfried.
Die Gesangskomponisten gehen meist in der Nachahmung nicht so
weit, sie begnügen sich mit kleinen Läufen, Trillern, dem mehrmaligen
Erklingen nebeneinanderliegender Töne und Ähnlichem; in der Beglei-
tung tritt in vielen Fällen dann einfaches Tremolo auf. Als Beispiele
sehe man die Arie: »Feuer, lauter Feuer brennet in meiner entflammten
Brust« aus R. Keisers »Jodelet«, dann die schon früher erwähnte Arie
des Vulkan aus »Pomona«, den zweiten Teil der Baßarie »Wer mag
den Tag seiner Zukunft erleiden« aus Händeis Messias und aus
Mendelssohns Elias die Stelle »Feuer fiel herab«.

Durch eine Bewegungsanalogie ähnlicher Art wird auch die dem
Flattern fast konträre Bewegungsform, das Kriechen, in die Musik über-
tragen. Hier haben wir es dann meist mit langsamen Baßfiguren zu
tun, die den Fortschritt zum Halbton bevorzugen und keine großen
Änderungen der Tonlage enthalten. Naturgemäß dienen solche Über-
tragungen auch zur Darstellung des Wälzens in der Musik. Hier sind
zu bemerken: aus H. Schütz' (1585—1672) »Historia der fröhlichen
und siegreichen Auferstehung«, 1623, die Gesangsphrase zu »der Engel
des Herrn wälzet den Stein von des Grabes Tür« 3), dann aus Haydns

>) Goldschmidt, a. a. O. S. 57.

*) D. D. T. 32 u. 33 (H. Abert).

8) Ges. Werke (Spitta) Bd. I, S. 7 u. 8.
 
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