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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 7.1912

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Mies, Paul: Über die Tonmalerei, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3592#0595
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ÜBER DIE TONMALEREI.

591

»Schöpfung« die Stelle »es kriecht am Boden das Gewürm«. Das
»Wurmmotiv« aus R. Wagners »Ring des Nibelungen« ist zum Teil
nach diesem Prinzip gebaut; die größeren Sprünge, die es enthält,
sollen wohl dem Aufbäumen des Untiers entsprechen.

Wie man zu einer musikalischen Darstellung des Regentropfenfalls
kommt, läßt sich ersehen aus dem Motiv zu Schuberts Lied »Die Stadt«.

L. Mozart,

Schubert.

In Ansehung des Textes hat diese Phrase die Bestimmung, das
Ziehen und Rauschen des Ruders durch das Wasser und vielleicht
noch die danach abfallenden Tropfen zu malen; die langsam hinter-
einander fallenden Tropfen würden dann durch langsam aufeinander-
folgende Noten versinnlicht; die auf den Akkord folgende tiefe Note
deutet das Fallen des Wassers an 1). Eine derartige Darstellung des
Kegens findet sich in der Oper »Les Troyens« von Hektor Berlioz, die
wir ebenfalls hier anführen wollen:

55. 8'

Le ciel s'obscurcit, la pluie tombe.



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H-

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Violoncello pizz.



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Ahnlich schildert Hasse in dem Oratorium »La conversione dt Sant
Agostino« in einer Arie die Tränen; der Herausgeber2) der Denkmale
bemerkt zu dieser Arie: »Ihren musikalischen Charakter scheint der
vergleich der Reuetränen mit erquickendem Tauregen bestimmt zu

') Ein Vorgang, der mit diesen fallenden Tropfen an und für sich gar nichts
gemein hat, der aber eine ähnliche Bewegungsanalogie zuläßt, ist das von Leopold
Mozart in seiner Schlittenfahrt geschilderte »Schütteln der Pferde«. Auch hier gibt
das Auf und Ab, welches beim Schütteln entsteht, den Grund zu einer ganz ähn-
lichen Übertragung, wenn auch in schnellerem Tempo. Wir stellen den betreffen-
den Takt neben das Schubertsche Beispiel.

2) D. D. T. Bd. XX, S. 8 (A. Schering).
 
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