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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 7.1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.3592#0683
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BESPRECHUNGEN.

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abduziert usw. könnten mit Leichtigkeit durch ebenso klare und sogar weit anschau-
lichere deutsche Bezeichnungen ersetzt werden. Der Brauchbarkeit des Buches würde
es meines Erachtens zugute kommen, wenn zwischen den Ziffern der Tafeln und
des Textes eine engere Bindung hergestellt würde, etwa durch ein Verzeichnis oder
durch Anführung der Tafelziffern an den entsprechenden Textstellen.

Oreifswald. Max Semrau.

Rudolf Berliner, Zur Datierung der Miniaturen des Cod. Par. Gr. 139.
(Als Manuskript gedruckt.) Weida i. Thür., Druck von Thomas & Hubert.
Die kleine Schrift ist eine Spezialarbeit minutiösester Art, die ihren spärlichen
Stoff auspreßt. Solche Schriften sind methodisch sehr interessant, wie ja auch die
lange dauernde methodische Überlegenheit der Archäologie über die Kunstgeschichte
schon darauf beruhte, daß jener unvergleichlich viel weniger Material zu Gebote
stand, das dann immer und immer wieder durchgearbeitet wurde. Diese Schrift
hier greift indessen an einzelnen Punkten in weiterreichende Probleme hinaus, es
ist von Stilfragen viel und mit erfreulicher Schärfe und Sicherheit die Rede. Nur
deshalb kann sie uns hier beschäftigen. Z. B. vermag eine Stelle wie die folgende
rein für sich zu fesseln, d. h. man braucht für das ästhetisch-wissenschaftliche Inter-
esse nicht danach zu fragen, auf welche Miniaturen und auf welche Zeit sich die
Worte nun beziehen, sondern die Unterscheidung ist an sich wertvoll.

»Der dreidimensionale leere Raum ist hier kein Problem der Darstellung (keine
der mir bekannten antiken Äußerungen der normativen Ästhetik fordert die Erregung
des Raumgefühls, die zu den ersten Forderungen der modernen zu gehören pflegt).
Das Primäre ist nicht der Raum mit den und den Figuren, sondern Figuren, denen
gerade der nötige Raum für Bewegungen beigegeben wird. Diese einzelnen Raum-
schichten allerdings, aus denen ein Bild zusammengesetzt wird, sollen klar ent-
wickelt werden, soweit die Figuren in ihnen enthalten sind. Und dafür soll schon
die Stellung der Glieder Anweisungen geben. An ihrer Hand wird im Beschauer
der Eindruck erregt, einen sicher abtastbaren Raum zu durchschreiten, indem ihm
die Anhaltspunkte gegeben werden für die Grenzflächen der Raumschichten, in
denen sich die Körper — und nur die Körper, denn sie bilden und füllen die
Schichten — ausdehnen. Nicht der Raum als solcher, nur soweit er von Körpern
nicht zu trennen ist, soll er zur Erscheinung kommen« (S. 22).

Wie gesagt, das Dort und Damals, worauf sich diese Worte beziehen, ist für
die ästhetische Wissenschaft nebensächlich, und es begeht ein solches abstrahieren-
des Verhalten des Lesers keine leichtfertige oder unzulässige Verallgemeinerung.
Gerade an solchen Beispielen kann der methodisch interessierte Ästhetiker sich
mit Leichtigkeit bestärken in der Überzeugung von der fundamentalen Verschieden-
heit der historischen und der psychologisch-systematischen Kunstwissenschaft sowie
von der relativen Selbständigkeit der letzteren.

Der Verfasser fährt etwas weiter unten fort: »Die Unterordnung des Raumes
unter die Figuren kann auch mit der Gestaltung der Landschaft bewiesen werden.
Es versteht sich von selbst, daß eine Kunst, die den Ton allein auf die Figuren
legt und den Raum nur, soweit unbedingt erforderlich, einläßt, in der Landschafts- .
darstellung nicht über Andeutungen hinausgeht. So legt man auch wenig Wert
darauf, ihre Dreidimensionalität zu betonen. Das Requisit scheint aus Theater-
kulissen zu bestehen, und es ist erstaunlich, hinter einer so körperlich empfundenen
Figur, wie z. B. der Ischys in II, einen Felsen zu finden, von dem man überzeugt
ist, man könne sich an ihm nicht stoßen, er fiele bei einer Berührung um. Es tritt
auch keine prinzipielle Neuerung ein, wenn als Ersatz für diesen farblich oder auch
 
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