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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 13.1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.3622#0408
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Besprechungen.

Festschrift Johannes Volkelt zum siebzigsten Geburtstag dargebracht.
Mit einem Bildnis und einem vollständigen Verzeichnis der Schriften Volkelts.
München, C. H. Beck, 1918. VIII u. 428 S.
Neunzehn Forscher haben sich vereinigt, Johannes Volkelt, dem vielseitigen
gerechten Denker, der weitesten Umblick mit philosophischem Einheitstreben ver-
bindet, eine Festgabe darzubringen. Ernst Bergmann leitet sie mit einem warmen,
zugleich Volkelt und sein Lebenswerk zeichnenden Geleitwort ein. Die Verlags-
handlung hat dem Bande eine Ausstattung gegeben, wie sie uns in dieser Zeit der
Papierknappheit selten an neuen Büchern erfreut. Der Mannigfaltigkeit von Volkelts
Arbeiten entspricht auch die Verschiedenheit der Beiträge; nur die ästhetischen, die
an Zahl weniger, als man vermuten möchte, hervortreten, sowie die irgendwie für
die Ästhetik bedeutsamen sollen im folgenden besprochen werden.

1. Wilhelm Wundt, Die Zeichnungen des Kindes und die zeich-
nende Kunst der Naturvölker. Wundt bekämpft hier zwei verbreitete An-
sichten, erstlich die Behauptung, daß dem biogenetischen Grundgesetze entsprechend
die Kinderzeichnungen die allgemeinen Eigenschaften und die Entwicklungsstufen
der primitiven Kunst wiederholen, zweitens den öfters damit verbundenen Satz, daß
die einfachste Form der Kunst, die geometrische Ornamentik, ebenso beim primitiven
Menschen wie beim Kinde den Ausgangspunkt der Entwicklung bilde. Wundt be-
tont die Verschiedenheit der psychischen Bedingungen beim Kinde und beim Primi-
tiven, vor allem auch, daß das Kind erst die Bewegungen der Erwachsenen auf
dem Papier wiederholt, dann Erinnerungen an Vorlagen in sein Zeichnen verwebt.
Mit dem Worte »Kritzelstadium« sei wenig gesagt — der große Künstler kann,
während er plaudert, künstlerisch Wertvolles hinkritzeln. Die Kunst des Primitiven
ist keine primitive Kunst. Nur eine Eigenschaft hat das zeichnende Kind und der
zeichnende Primitive gemein: die Kunst beider ist Erinnerungskunst. Ornamentik
und Nachahmung von Naturformen scheinen von Anfang an nebeneinander zu
stehen. — Überall betont Wundt, daß man den psychologischen Vorgang beim
Zeichnen zu verstehen suchen muß, die aktualistische Grundrichtung seiner Psycho-
logie tritt fruchtbar und kräftig hervor. Im einzelnen wird auf diesem wichtigen
Gebiete manches zweifelhaft bleiben. So halte ich es nicht für allgemein zutreffend,
daß das Kind beim Zeichnen immer Zeichnungen als Vorlagen im Sinne hat.

2. Jonas Cohn, Das Tragische und die Dialektik des Handelns.
Schon der Name »tragisch«, der an den Dionysoskult erinnert, weist auf ein außer-
ästhetisches Element im Tragischen hin. Dabei erscheint die künstlerische Formung
bei dieser ästhetischen Modifikation so wichtig, daß man den ihr eigentümlichen
Gehalt nach der Kunstform nennt. Es zeigt sich, wenn man dem genauer nach-
denkt, daß gerade dieses Außerästhetische der künstlerischen Formung unbedingt
bedarf, um ästhetisch-wertvoll zu werden, während das rein Schöne diese Formung
auch entbehren kann. Der Tatbestand ist die Vernichtung eines wertvollens Wesens,
die künstlerische Form bewirkt, daß in der Vernichtung der Wert des Wertvollen
 
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