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PAUL KLOPFER.
des Ganzen, ein Teil des großen Bandes, das sich vor imserm Blick ab-
rollt, je nach der Raschheit unserer vorübergleitenden Bewegung. Und
so, wie ein farbiges Band bei raschem Zug unserm Auge fast einfarbig
erscheint, so wird auch bei der Straße, ist sie nur lang genug, die Farb-
summe auch bei farbig differenzierten Bauten zuletzt ein Einfarbiges er-
geben. So verträgt das Haus an der Straße wohl eine kräftige Polychro-
mie. Nur da, wo die Hausreihen sich zu Wänden eines Platzes modeln,
wo der simultane Blick diese Wände auf einmal zugleich erfaßt und
zum Bilde schließt, wird die Farbigkeit, um der Gefahr der Buntheit zu
entgehen, sich einer besonderen Note unterordnen müssen, die womöglich
von einem symmetrisch oder sonst schöngesetzlich angeordneten Schwer-
punkt aus geregelt wird.
Dieses Regeln und Reglementieren ist nicht leicht, es sollte bei aller
Achtung vor dem Geschmack des Malers doch in derselben Hand blei-
ben, die auch über die Form der Bauten zu walten hat, in der des
Baumeisters. Am allerwenigsten steht die Lösung so wichtiger
Aufgaben den pp. Bauherren zu. Gustav Wolf spricht hier von der
„Notwendigkeit amtlicher Bau-Farbenpläne" — warum nicht, wo doch
auch amtlich Bau-Formenpläne bestehen und anerkannt und befolgt wer-
den müssen? — Farbigkeit darf nicht Buntheit sein, also sind Farbenent-
würfe ebenso nötig wie die konstruktiven und formalen Bauentwürfe. Da,
wo Gemeinschaftsgebäude (Reichs-, Staats-, Gemeindebauten) bestehen,
soll das Bürgerhaus zurücktreten, kann „uniform" werden, damit jene
nach ihrer Bedeutung (und Stellung!) die Aufmerksamkeit auf sich len-
ken. Professor Rückert in München will z. B. für das Postgebäude die
Farbe Gelb haben, auch hier, wie beim Einzelhaus, soll die Klarheit und
die Deutlichkeit sich mit der ästhetischen Erwägung decken.
Ein weniges noch über die Farbe im Backsteinbau: Wie wir oben
sahen, hatte der Backstein in früheren Zeiten eine bedeutende farbige
Aufgabe zu erfüllen, sei es zur Unterscheidung in der Baugliederung,
sei es zur farbigen Belebung der Architekturwand, im Sinne des Tep-
pichs. Bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts ist in dieser Weise
mit wenig Ausnahmen geschaffen worden. Mit der Wende zur Gegen-
wart ändert sich aber auch die Backsteinbauweise.
Hier ist Holland, das Land des Backsteins, maßgebend und vor-
bildlich gewesen, und ist es noch; von dem Machtbau der Börse (von
Berlage, 1898) an bis auf die großen Kuben der Hilversumer Häuser
von Düdok (1921), die uns den Sinn für die Reinkultur der Bauform
überhaupt wecken. Die Farbe tritt aber auch hier zurück, ist auch hier
nur begleitende, nicht führende Musik. O u d s Häuser sind zum Teil in
Putz ausgeführt und weiß gestrichen, der Backstein hat nicht die farbige
Funktion zu erfüllen wie etwa in der lombardischen Renaissance.
PAUL KLOPFER.
des Ganzen, ein Teil des großen Bandes, das sich vor imserm Blick ab-
rollt, je nach der Raschheit unserer vorübergleitenden Bewegung. Und
so, wie ein farbiges Band bei raschem Zug unserm Auge fast einfarbig
erscheint, so wird auch bei der Straße, ist sie nur lang genug, die Farb-
summe auch bei farbig differenzierten Bauten zuletzt ein Einfarbiges er-
geben. So verträgt das Haus an der Straße wohl eine kräftige Polychro-
mie. Nur da, wo die Hausreihen sich zu Wänden eines Platzes modeln,
wo der simultane Blick diese Wände auf einmal zugleich erfaßt und
zum Bilde schließt, wird die Farbigkeit, um der Gefahr der Buntheit zu
entgehen, sich einer besonderen Note unterordnen müssen, die womöglich
von einem symmetrisch oder sonst schöngesetzlich angeordneten Schwer-
punkt aus geregelt wird.
Dieses Regeln und Reglementieren ist nicht leicht, es sollte bei aller
Achtung vor dem Geschmack des Malers doch in derselben Hand blei-
ben, die auch über die Form der Bauten zu walten hat, in der des
Baumeisters. Am allerwenigsten steht die Lösung so wichtiger
Aufgaben den pp. Bauherren zu. Gustav Wolf spricht hier von der
„Notwendigkeit amtlicher Bau-Farbenpläne" — warum nicht, wo doch
auch amtlich Bau-Formenpläne bestehen und anerkannt und befolgt wer-
den müssen? — Farbigkeit darf nicht Buntheit sein, also sind Farbenent-
würfe ebenso nötig wie die konstruktiven und formalen Bauentwürfe. Da,
wo Gemeinschaftsgebäude (Reichs-, Staats-, Gemeindebauten) bestehen,
soll das Bürgerhaus zurücktreten, kann „uniform" werden, damit jene
nach ihrer Bedeutung (und Stellung!) die Aufmerksamkeit auf sich len-
ken. Professor Rückert in München will z. B. für das Postgebäude die
Farbe Gelb haben, auch hier, wie beim Einzelhaus, soll die Klarheit und
die Deutlichkeit sich mit der ästhetischen Erwägung decken.
Ein weniges noch über die Farbe im Backsteinbau: Wie wir oben
sahen, hatte der Backstein in früheren Zeiten eine bedeutende farbige
Aufgabe zu erfüllen, sei es zur Unterscheidung in der Baugliederung,
sei es zur farbigen Belebung der Architekturwand, im Sinne des Tep-
pichs. Bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts ist in dieser Weise
mit wenig Ausnahmen geschaffen worden. Mit der Wende zur Gegen-
wart ändert sich aber auch die Backsteinbauweise.
Hier ist Holland, das Land des Backsteins, maßgebend und vor-
bildlich gewesen, und ist es noch; von dem Machtbau der Börse (von
Berlage, 1898) an bis auf die großen Kuben der Hilversumer Häuser
von Düdok (1921), die uns den Sinn für die Reinkultur der Bauform
überhaupt wecken. Die Farbe tritt aber auch hier zurück, ist auch hier
nur begleitende, nicht führende Musik. O u d s Häuser sind zum Teil in
Putz ausgeführt und weiß gestrichen, der Backstein hat nicht die farbige
Funktion zu erfüllen wie etwa in der lombardischen Renaissance.