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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 23.1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.14175#0216
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202

BESPRECHUNGEN.

schentums. Wer aber der Kunst Hildebrands nahe steht, dem werden sie über ihr
allgemein menschliches Wesen hinaus noch weit mehr sagen. Zeichnen sie doch
hinter das Werk Hildebrands, wie man es jetzt in Heilmeyers Tafelwerk bequem
überblicken kanni), den Lebenshintergrund seines Schöpfers, aus dem wir die ein-
zelnen Werke hervorwachsen sehen.

Aber auch der Partner in Hildebrands Briefwechsel, Conrad Fiedler, ist eine
Persönlichkeit, des Anteils jeden Kunstfreunds sicher. Bekannt vor allem ist ja
das Verhältnis dieses wahrhaft vorbildlichen Mäzens zu Hans von Marees. Ist
Fiedler vornehmlich durch diese Beziehung bekannt geworden, so ist sein Ver-
hältnis zu Hildebrand, dem er gleichfalls die wirtschaftliche Basis für sein Schaffen
sicherte, doch das menschlich nähere gewesen. Doch liegt Fiedlers Bedeutung
nicht nur in seinem Mäzenatentum; er hat auch selbst über Kunstfragen mit philo-
sophischem Scharfsinn nachgedacht2). Wie der vorliegende Briefwechsel nun
manche gedankliche Vorbedingung dieser Kunstüberlegungen Fiedlers enthält, so
gleichfalls für Hildebrauds theoretische Schrift „Das Problem der Form"3), deren
Entstehen man in seinem Ablauf miterlebt. Neben solchen menschlichen und kunst-
theoretischen Seiten enthält der Briefwechsel Hildebrand-Fiedler noch eine Fülle
beiläufiger, meist sehr aufschlußreicher Bemerkungen über vergangene und zeit-
genössische Künstler — häufiger etwa über Böcklin, Stauffer-Bern, Thoma, Richard
Wagner —, sowie über einzelne Kunstwerke. Besonders wird Ma:ees' oft gedacht,
der ja beiden Korrespondenten nahe stand. Über diese mannigfaltigen Gegenstände
ihrer schriftlichen Unterhaltung unterrichten ein sauber gearbeitetes Register und
knappe, aber genaue Anmerkungen. 16 gute Bildtafeln erhöhen den Wert des
schmuck ausgestatteten Buches.

Greifswald. Kurt Gassen.

Wilhelm Böhm: Hölderlin, 1. Band, Verlag Max Niemeyer-Halle (Saale),
1928.

Wenn A. v. Grolman in seinem Aufsatz über „die gegenwärtige Lage der Höl-
derlin-Literatur" (Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft, 4. Bd.,
H. 3, S. 564 ff., 1926) Zerrissenheit und Unvollständigkeit der Hölderlin-Forschung
feststellte, so fand er diese Tatsache ebenso in der Methode wie in der einseitigen
Bevorzugung und Darstellung gewisser inhaltlicher Probleme begründet. Daher
ergab das Fazit dieser Literatur-Schau mit Recht die Forderung einer sachlichen
Auseinandersetzung mit dem Gesamtwerk Hölderlins als Voraussetzung jeder wei-
teren wissenschaftlichen Hölderlin-Forschung überhaupt.

Eine solche Gesamtinterpretation bringt das Werk' „Hölderlin" Wilhelm Böhms,
dessen erster Band nun vorliegt. Die erwähnte Fragwürdigkeit des methodischen
Wegs und der bisher zuweilen willkürlichen Wahl und Deutung inhaltlicher
Probleme hat W. Böhm dadurch geklärt und behoben, daß er beidem durch den
biographischen Charakter seines Buches Richtung und Grenze gegeben hat. Die
enge Verkettung von Biographischem im weitesten Sinne und Interpretation ergab

1) Adolf von Hildebrand. Hrsg. v. Alexander Heilmeyer. München: Langen
1922. Das Tafelwerk ist eingeleitet durch die schöne Gedächtnisrede, die Günther
Jachmann im Münchener Künstlerhaus wenige Wochen nach Hildebrands Tode hielt.

2) Conrad Fiedlers Schriften über Kunst. Hrsg. v. Hermann Konnerth, Bd. I,
II. München: Piper 1913—14.

s) Straßburg: Heitz 1893.
 
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