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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 23.1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.14175#0219
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BESPRECHUNGEN.

205

Hans John: Goethe und die Musik. Musikalisches Magazin, heraus-
gegeben von E. Rabich; H. Beyer, Langensalza, 1928.

Während die bekannten älteren Arbeiten über Goethes Verhältnis zur Musik
mehr vom Standpunkt der Persönlichkeitswertung ausgehen und synthetisch angelegt
sind, versucht John, diese Beziehung monographisch und zeitgeschichtlich zu fun-
damentieren. Daher ist der erste Teil seines Buches von großem Werte, in dem er
Goethes äußere Beziehung zur Musik auf Grund sorgfältiger und ausgedehnter
Kleinarbeit zusammenstellt. Er schildert die Musik in Goethes Hause, die Ver-
suche mit einem ständigen vokalen Ensemble, das Goethe die Bekanntschaft
Palestrinas und der älteren geistlichen Musik vermittelte, dann Goethes Vorliebe
für volkstümliche Musik, den grundlegenden Unterschied seiner Einstellung zu Vokal-
und Instrumentalmusik und endlich seine Beziehungen zur Oper und zum Melo-
drama. Die Untersuchungen werden durch zahlreiche Auszüge aus den Gesprächen
und Briefen gestützt. Sie bemühen sich an einer Stelle mit Erfolg um den Beweis,
daß in der Bachschen Sonate, welche Goethe und seine Freunde als das „Trom-
peterstückchen" bezeichneten, das Capriccio über die Abreise seines geliebten Bru-
ders mit der Aria und „Fuga di postiglione" gemeint sei.

Im Hauptteil seines Buches schildert der Verfasser Goethes innere Beziehungen
zur Musik, ausgehend von der Bedeutung der Musik im „Wilhelm Meister" und
den Anregungen, die Goethe besonders durch die Vorträge der Madame Szyma-
nowska erhielt. Das Buch ist mit einer erfreulichen Gründlichkeit und Objektivität
geschrieben und setzt das Verhältnis Goethes zur Musik in fruchtbare Beziehung
zu den Musikanschauungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts überhaupt. Grund-
sätzlich scheint mir eine Einschränkung notwendig. Goethes Verhältnis zur Musik
ist von John im allgemeinen als eine stabile Größe aufgefaßt worden. Um es zu
verdeutlichen, werden Belege aus den verschiedenen Zeiten seiner Entwicklung
herangezogen. Doch glaube ich, daß dieses Verhältnis letzten Endes nur von der-
selben Dreiteilung der Entwicklung gesehen werden kann, die Goethes Verhältnis
zur Kunst überhaupt bestimmt. Was im „Werther" über Musik steht, verbindet
sich innerlich mit den Erlebnissen des letzten Jahrzehnts. In beiden Lagen stößt er
zur Unmittelbarkeit durch und wird hier doch auch im Sinne der vom Verfasser
unternommenen Fragestellung „musikalisch". Dazwischen liegt die Entwicklung,
die ihn einem klassischen Stilideal naherückt, und in der er in der Musik in der Tat
nur eine mittelbare, primär dekorative Ausdrucksmöglichkeit sah. So hat auch
noch, was er im „Wilhelm Meister" über Musik sagt, im Grunde mit Musik gar
nichts zu tun; es bleibt eine intellektuelle Angelegenheit, der Versuch einer Syste-
matik der Erziehung, in welche auch die Musik eingeordnet wurde.

Berlin. Hans Mersmann.

Internationaler M u s i k h i s t o r i s c h e r Kongreß anläßlich der
Beethoven-Zentenarfeier. Universal Edition, Wien 1927.

Der von Guido Adler herausgegebene Kongreßbericht gibt einen Überblick
über die in fünf Sektionen geleistete Arbeit. In ihrem Mittelpunkt steht die Per-
sönlichkeit Beethovens selbst, mit der sich eine Reihe von Einzelthemen beschäftigen.
Beethovens Verhältnis zur Polyphonie, zur Variation, zur Enharmonik, zur zykli-
schen Form werden in Einzelreferaten untersucht. Einige Vorträge umspannen die
Persönlichkeit Beethovens im ganzen, etwa in seinem Verhältnis zur Religion und
zur Kirchenmusik, die meisten aber haben den Charakter von Spezialuntersuchungen.
 
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