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MAXIMILIAN BECK.
gestellten nämlich von der darstellenden — ist an sich selbst wesenhaft
sinnvoll nur als Unterschied von Schichten verschiedener
S e i n s a r t und muß als solcher in die ästhetische Analyse eingehen.
Also ist die Wirklichkeitsfrage für die ästhetische Analyse nicht gleich-
gültig und es entspricht nur einer einseitigen Orientierung am dargestell-
ten Gegenstand, wenn man meint, der ästhetische Gegenstand selbst biete
sich seiner eigensten Natur nach als reines Phänomen im Sinne des phä-
nomenologischen Absehens von der Wirklichkeitsfrage dar.
Doch mit alledem haben wir den entscheidenden Punkt noch gar nicht
berührt: Der ästhetische Gegenstand ist ein W e r t, und es fragt sich, ob
Werte überhaupt Wesen, d. i. reine Quidditäten oder Qualitäten sind
abzüglich ihrer Wirklichkeit. Fast die gesamte phänomenologische
Schule behauptet dies. Sie ist in der herkömmlichen Unterscheidung von
Wertgütern als realen Trägern von Werten und von Werten selbst
als Quidditäten sui generis befangen. Und innerhalb der Sphäre von
Wesen, die in ihrer Gesamtheit der Wesensintuition zugänglich gedacht
werden, unterscheidet sie die Wertwesen von den anderen Wesen dadurch,
daß sie behauptet: Wertwesen werden allgemein gefühlt, die anderen
Wesen aber wahrgenommen. Also wäre auch der ästhetische Wert —
die Schönheit — etwas, was mir gefällt, nicht aber wahrgenom-
men werden könne — eine Behauptung, die jeder theoretisch unvorein-
genommenen Deskription gänzlich widerstreitet. Entsprechende Gefühle
werden wohl normalerweise, also nicht einmal notwendig, von schönen
Gegenständen ausgelöst, sind aber weder Bedingungen noch Fak-
toren noch konstitutive Momente des ästhetischen Phänomens. Die
Schönheit einer heiteren Melodie oder einer antiken Statue kann ich wahr-
nehmen, sehe ich, — oft ohne auch nur die Spur eigener Freude, Heiter-
keit, trotz eisiger Kälte und Gefühllosigkeit. Ja es kennzeichnet gerade
den eigentlichen „Kenner" ästhetischer Werte, daß er durchaus gefühllos
ästhetische Werte zu erfassen vermag. Und große Künstler (ich erinnere
nur an Beethoven) haben seit je in Gefühlen seitens der Zuhörer oder
Zuschauer ihres Kunstwerkes nur ein Zugangs h i n d e r n i s zur adä-
quaten Erfassung der Schönheit ihres Kunstwerkes gesehen. Und durch
nichts kennzeichnet sich auch in Wahrheit der Dilettant der Wert-
erkenntnis so sehr, wie dadurch, daß er in Gefühlen schwelgt, die er mit
den Werten in Beziehung bringt, statt in klarer Sachlichheit wahr-
nehmend den Werten zugekehrt zu sein.
Nun ist es aber von vornherein auffällig, daß bei der Unterscheidung
von Wertwesen und anderen Wesen der Akzent auf die Akte ihrer Erfas-
sung gelegt wird, innerhalb der erfaßten Gegenständlichkeit selbst und
unmittelbar aber keine entscheidenden Unterschiede namhaft gemacht
werden können. Es wäre doch ein sehr indirektes Verfahren, Farben von
MAXIMILIAN BECK.
gestellten nämlich von der darstellenden — ist an sich selbst wesenhaft
sinnvoll nur als Unterschied von Schichten verschiedener
S e i n s a r t und muß als solcher in die ästhetische Analyse eingehen.
Also ist die Wirklichkeitsfrage für die ästhetische Analyse nicht gleich-
gültig und es entspricht nur einer einseitigen Orientierung am dargestell-
ten Gegenstand, wenn man meint, der ästhetische Gegenstand selbst biete
sich seiner eigensten Natur nach als reines Phänomen im Sinne des phä-
nomenologischen Absehens von der Wirklichkeitsfrage dar.
Doch mit alledem haben wir den entscheidenden Punkt noch gar nicht
berührt: Der ästhetische Gegenstand ist ein W e r t, und es fragt sich, ob
Werte überhaupt Wesen, d. i. reine Quidditäten oder Qualitäten sind
abzüglich ihrer Wirklichkeit. Fast die gesamte phänomenologische
Schule behauptet dies. Sie ist in der herkömmlichen Unterscheidung von
Wertgütern als realen Trägern von Werten und von Werten selbst
als Quidditäten sui generis befangen. Und innerhalb der Sphäre von
Wesen, die in ihrer Gesamtheit der Wesensintuition zugänglich gedacht
werden, unterscheidet sie die Wertwesen von den anderen Wesen dadurch,
daß sie behauptet: Wertwesen werden allgemein gefühlt, die anderen
Wesen aber wahrgenommen. Also wäre auch der ästhetische Wert —
die Schönheit — etwas, was mir gefällt, nicht aber wahrgenom-
men werden könne — eine Behauptung, die jeder theoretisch unvorein-
genommenen Deskription gänzlich widerstreitet. Entsprechende Gefühle
werden wohl normalerweise, also nicht einmal notwendig, von schönen
Gegenständen ausgelöst, sind aber weder Bedingungen noch Fak-
toren noch konstitutive Momente des ästhetischen Phänomens. Die
Schönheit einer heiteren Melodie oder einer antiken Statue kann ich wahr-
nehmen, sehe ich, — oft ohne auch nur die Spur eigener Freude, Heiter-
keit, trotz eisiger Kälte und Gefühllosigkeit. Ja es kennzeichnet gerade
den eigentlichen „Kenner" ästhetischer Werte, daß er durchaus gefühllos
ästhetische Werte zu erfassen vermag. Und große Künstler (ich erinnere
nur an Beethoven) haben seit je in Gefühlen seitens der Zuhörer oder
Zuschauer ihres Kunstwerkes nur ein Zugangs h i n d e r n i s zur adä-
quaten Erfassung der Schönheit ihres Kunstwerkes gesehen. Und durch
nichts kennzeichnet sich auch in Wahrheit der Dilettant der Wert-
erkenntnis so sehr, wie dadurch, daß er in Gefühlen schwelgt, die er mit
den Werten in Beziehung bringt, statt in klarer Sachlichheit wahr-
nehmend den Werten zugekehrt zu sein.
Nun ist es aber von vornherein auffällig, daß bei der Unterscheidung
von Wertwesen und anderen Wesen der Akzent auf die Akte ihrer Erfas-
sung gelegt wird, innerhalb der erfaßten Gegenständlichkeit selbst und
unmittelbar aber keine entscheidenden Unterschiede namhaft gemacht
werden können. Es wäre doch ein sehr indirektes Verfahren, Farben von