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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 23.1929

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Schneider, Ferdinand Josef: Max Dauthendey und der moderne Panpsychismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.14175#0361
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MAX DAUTHENDEY UND DER MODERNE PANPSYCHISMUS. 347

und bedingt zugleich auch eine Steigerung des Schleiermacherschen
Mitleidsbegriffs bis zu franziskanischen Auffassungsweisen. Alles das
aber sind, wie wir wissen, auch schon Punkte aus dem spätem expressio-
nistischen Weltanschauungs- und Kunstprogramm.

In ästhetischer Hinsicht bedeuten Dauthendeys Ideengänge eine ent-
schiedene Absage an das konsequent naturalistische Prinzip, das Leben
wirklichkeitsgetreu abzuschildern ohne jeden stilisierenden und kompo-
nierenden Zug, der die von einer durchgeistigtem Auffassung erwärmte
seelische Teilnahme des Künstlers verraten könnte. Ganz im Gegensatz
zu dieser Forderung wird hier hinter der äußern Schale das Pathos
des Lebens als dessen letzter und tiefster Sinn erkannt, als Wesenskern
aller im Wechsel von Licht und Schatten stehenden Erlebnisformen.
Ohne darum gleich ekstatisch jedes Leid zur Tragik und jede Freude
zur Wonne zu erhöhen, wird sich doch der Dichter, der einmal den
Weltfestlichkeitsgedanken als leitendes Ideengut in sich aufgenommen
hat, stets über dem Schauniveau einer naiv-naturalistischen Weltbetrach-
tung halten; er wird selbst auf seine wirklichkeitsstärkste Wiedergabe
der Realität etwas von der ruhigen Weihestimmung abschatten lassen,
aus der heraus er einmal das Leben als großes Fest begreift.
 
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