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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 24.1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.14171#0202
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BESPRECHUNGEN.

Fläche in ihrer ganzen Ausdehnung durchzieht und sie ausdeutet (S. 12, 16, 18),
also der dekorative Charakter; die ornamentale Wurzel, die sich stofflich in Zier-
leisten, Alphabeten, Signets (S. 15) ausspricht und formal im ornamentalen Cha-
rakter der Zeichnung, aus der doch der Eindruck des Unendlichen und Unüberseh-
baren ersteht (S. 16), sich zu erkennen gibt (S. 15); die enge Beziehung zum Buch,
der illustrative Charakter, den Friedländer besonders hochstellt (Holzschnitte von
H. Weiditz, S. 7).

Mit dem Formalen verbindet sich die psychologische Fähigkeit, verwickelte Themen
formal zu fassen, Monotones und Trockenes frei schöpferisch zu gestalten (S. 15)
und schließlich der weite Umfang des seelischen Bezirkes des Künstlers: „Kein ande-
rer Meister der Zeit hat sich so tief in die Vielzahl menschlicher Gemütsbewegungen ...
hineingelebt" (S. 15). Daraus ergibt sich der kulturgeschichtliche Charakter der
Kunst des Petrarkameisters: „Unsere Vorstellung vom Augsburger Leben der
ausgehenden Maximilianischen Ära ist ein für allemal an die Holzschnitte im Trost-
spiegel und im Cicero gefunden" (S. 15; 19. Ins Erkenntnispsychologische ge-
wendet bei Friedländer, a. a. O. S. 9. Dazu noch z. v. der Bücherkatalog mit den die
philosophischen Strömungen, die ethischen Bedürfnisse, die Versuche in Geschichte
und Naturwissenschaft und anderes der Zeit kennzeichnenden Buchtiteln S. 24 ff.)

Interessant wie der Verfasser aus der eindringenden ästhetisch-formalen Be-
trachtungsweise auch Merkmale gewinnt, die Kunst des Petrarkameisters abzugren-
zen gegen Burgkmair (S. 15; z. v. 23) und Dürer (S. 17; z. v. 20). Als Ganzes:
eine erfreuliche Verbindung von Kunstgeschichte und Ästhetik. Die Gestaltung
religiöser Stoffe (Gebetbuchblätter) durchdringt nach dem Verfasser eine „sakrale
Melodik" (S. 17) —■ an Stelle der tiefen Dramatik Dürers. M. E. kommt doch auch
hier der Erzähler mehr zu Wort — als den Friedländer in seiner ersten Schätzung
den Meister vor allem kennzeichnete (Der Holzschnittt, S. 90) — als der religiös
ergriffene Künstler (z. B. Hieronymus 390, Ursula 435). Den (verhältnismäßig)
reichsten religiösen Gehalt möchte ich finden u. a. in Exaudi 443, Alexius 420,
Erzengel Michael in der Luft 428.

Die buchtechnische Ausstattung ist gut in ihrem Holzschnittcharakter.

München. Georg Schwaiger.

Wiebel, Richard, Das Schottentor. Kulturhistorische Auslegung des
Portalbildwerkes der St. Jakobskirche in Regensburg. Augsburg, Benno Filser
(1927). 63 S. Text, 11 Doppeltafeln Abbildungen; 4»; Mk. 12.—.

Das Werk des katholischen Pfarrers Richard Wiebel in Irsee bei Kaufbeuren
darf, wie mir scheint, das Verdienst für sich in Anspruch nehmen, ein Rätsel in
seinen Hauptzügen gelöst zu haben, das mehrere Generationen vergeblich zu ent-
schleiern versuchten und das seit langen Jahrzehnten geradezu als ein Kreuz der
Kunsthistoriker gelten mußte. So viel war immer klar, daß die Schottenmönche die
Ehrfurcht gebietende Portalwand ihres Gotteshauses nicht mit willkürlicher sinn-
loser Phantastik geziert, sondern für den das Portal umrahmenden Bilderzyklus,
dessen Mittelpunkt es ist, mit Bedacht den Plan ersonnen und die Typen aus-
gewählt haben; daß hier mithin kein totes Mauerwerk sei, „sondern eine Stirne,
in welche Weisheit ihre Zeichen geschrieben, hinter welcher Gedanken leben und
weben" (18). Aber den Sinn dieser Weisheit und dieser Zeichen zu ergründen,
wollte und konnte bisher den Forschern trotz aller Bemühungen nicht gelingen.

Jetzt hat Wiebel, nachdem er selbst die alten Irr- und Umwege gegangen,
sich eigene Bahn geschaffen mit dem Ergebnis, das in folgenden drei Punkten
 
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