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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 24.1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.14171#0258
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242

BESPRECHUNGEN.

vision et l'expression plastiques, die leider verspätet kommt, mehr als eine nur hin-
weisende Aufmerksamkeit schenkt, trotz des unleugbar Veralteten, das sie zum Teil
an sich hat: vor allem infolge der übermäßigen Betonung des intellektuellen Faktors
(S. 16,19,77) auf Kosten des emotionalen und infolge der Einengung des Künstlerisch-
Wertvollen auf das Schöne, das der weiterführenden Zergliederung ermangelt (S. 11,
12 ff., 15, 19, 20, 47, 69, 182, 257, 260). Wenn man vom Allgemeinen ausgeht, dann ist
der eine Vorzug in der engen Verbindung von Ästhetik und Philosophie zu sehen, etwa
— von den Klassikern der spekulativen Ästhetik abgesehen — im Sinne Schopen-
hauers, Deutingers, Vischers, von Hartmanns, Volkelts, doch in eigener Art. Mit
Volkelts Ästhetik etwa verglichen ist die Audras viel weniger psychologisch-analy-
tisch — zu ihrem Nachteil; das Philosophische hingegen dringt tiefer in den
Körper der Ästhetik ein, unter Umständen freilich zu tief. Im einzelnen besteht
gerade mit Volkelt manche bedeutsame Verwandtschaft und auch mit Deutinger,
so durch die betonte Beziehung, in die das Kunstwerk zum Geiste und zum seeli-
schen Ganzen des Menschen gesetzt erscheint. Auch mit Dessoir, der doch dem
skeptischen Moment in philosophischen und ästhetischen Dingen ganz anders zu-
gänglich ist als der Verfasser, berührt sich Audras ästhetisch-philosophische
Grundhaltung, wenigstens mit Dessoirs programmatischem Satz, daß „aus dem
Innersten aller Kunstwissenschaft philosophische Fragen hervordringen" (Bericht
über den 1. Kongreß für Ästhetik, 1914, S. 42, vgl. Vischer, Kritische Gänge2,
Bd. VI, S. 501). Selbst Ziehen will trotz der Ablehnung der spekulativen Ästhetik
von Schelling, Hegel (Vorlesungen über Ästhetik, Bd. I, S. 103 f.; Bd. II S. 356 ff.)
doch die deduktive Methode nicht schlechthin ausschalten (Bd. I, S. 103.
Beachtenswert auch J. Cohn, Allgemeine Ästhetik, S. 8, trotz des „wenn").
Kunsthistoriker dagegen, ihr Vertreter sei J. von Schlosser, stellen gerne —
Schlosser mit einem Hinweis sogar auf A. Riegl — eine Art „Historische Ästhetik"
als fernes Ziel auf (Die Kunstwissenschaft in Selbstdarstellungen, S. 119, 120). Wie
Audra Fühlung mit der Kunstgeschichte gewinnt, genügt nicht: Les ideals esthetiques
(S. 48 ff.). Die philosophische Haltung der Ästhetik Audras läßt sich beson-
ders noch in Zusammenhang bringen mit der philosophischen Gesamtlage, die seit
den Jahren der Vorherrschaft der psychologischen Ästhetik sich nicht unwesent-
lich geändert hat, was schon Volkelt betonte, und zwar im Sinne einer Tendenz
zum Ganzen (Driesch. Als „Synthese" auch für Audras Ästhetik charakteristisch),
zur Metaphysik (N. Hartmann. In kulturpolitischer Hinsicht vgl. E. Jung, Die
Herrschaft der Minderwertigen). In Audras System metaphysisch vor allem die Be-
griffe der Wirklichkeit (S. 16, 73, 77, 259 f.) und des Geistes (S. 16, 70, 73
259 f.), zum Objekt (Scheler — wenn auch zuweitgehend): Bei Audra das Wesen-
hafte als Gegenstand der künstlerischen Vision und Gestaltung. Der Schönheits-
begriff aber subjektiv (S. 15), im Gegensatz z. B. zu Lalo, Esthetique, S. 3 f., sub-
jektiver als bei Bäsch (Bericht über den 1. Kongreß für Ästhetik, S. 83, 90). Doch
die metaphysisch-objektive Wurzel des Schönen ist zu betonen (S. 243 f.). Speziell
zur Frage „Ästhetik und Philosophie" in dem hier betonten Sinne vgl. Zeitschrift
f. Ästhetik u. allgemeine Kunstwissenschaft, Bd. XX (1926), S. 9, 13, 16 (H.
Glockner). Die Kunst der Gegenwart werten positiv unterm philosophischen Ge-
sichtspunkt z. B. Vietor (Expressionismus in der Literatur), Wiehert (Die Kunst
Beckmanns).

Innerhalb der Geschichte der französischen Ästhetik erinnert die enge Ver-
bindung der Ästhetik Audras mit der Philosophie an die französische Ästhetik des
17. und 18. Jahrhunderts mit ihrer ständigen, doch nicht ausschließlichen An-
lehnung an die Grundgedanken griechischer Denker (Dessoir, Ästhetik und allge-
 
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