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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 24.1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.14171#0282
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266

BESPRECHUNGEN.

Adolf Behne, Neues Wohnen — neues Bauen. K1.-80. 159 Seiten.
Hesse & Becker. Verlag. Leipzig 1927.

Adolf Behne hat schon des öfteren seine Fähigkeit erwiesen, die moderne Kunst-
situation in gemeinverständlicher Weise zu beleuchten. Auch dieses Büchlein ist
geeignet, weitere Kreise, ja sogar den einfachen Mann, sofern er nur unvorein-
genommen ist, für die Frage der neuen Wohnbauten zu gewinnen.

Mit Recht werden die ökonomischen und technischen Grundlagen in ihrer Be-
deutung gewürdigt, und doch dargelegt, daß zur eigentlichen Umkehr eine neue
Gesinnung erforderlich ist.

Die alten Bauten, vom Mittelalter bis vor dem Kriege, werden mit viel Sarkas-
mus als aus der Haltung des Ritters erwachsen gekennzeichnet. Die Mietskaserne
war die letzte Ritterburg, weil sie auf dem Zusammenstoß gegenseitiger Interessen
aufgebaut war.

Die neue Gesinnung ist durch Einheit und Einfachheit bestimmt. „Einfachheit,
was ist sie letzten Endes? Sie ist Verzicht auf Verteidigungsstellung, auf Miß-
trauen, auf Festungsbauten, ist Abbau der Barrieren. Sie ist menschliche Offenheit
und menschliche Solidarität" (S. 106).

Es wiegt dieser erfreulichen und richtigen Einstellung gegenüber nicht viel, es
braucht den laienhaften Leser nicht zu beirren, daß der Kunsthistoriker diese Ein-
wände im einzelnen vorzubringen hat: Daß man früher in allen Stilen von außen
nach innen gebaut hat, auf die schöne Fassade hin, trifft nicht zu. Die schönsten
Renaissance- und klassizistischen Bauten sind vom Baukern aus konzipiert und er-
mangeln oft überhaupt einer Fassade, oder sie ist des Innern unwürdig. Bruno
Taut hat in seiner „modernen Wohnung" dafür gute historische Beispiele angeführt.

Und zum andern: Daß in der Gotik die Dekoration mit dem zweckhaften Aufbau
nicht zusammenfiel, ist noch kein Einwand gegen sie. Damals war eben noch nicht
das Zeitalter der „Rationalisierung", und es wäre grundverkehrt, unsere Maßstäbe
in jene Zeit hineinzutragen.

Dem Buch ist weiteste Verbreitung zu wünschen, denn es ist gut, durchsichtig
und praktisch geschrieben. Etwa hundert Abbildungen, Beispiel und Gegenbeispiel,
ergänzen den Text und geben auch jedem Kunstpädagogen interessantes und sonst
nirgends so zusammengestelltes Material in die Hand. Der Anschaffungspreis
ist auffallend niedrig.

Berlin. Klaus Berger.

Roman Boos, Die Dramatik des Lichts im Werk Matthias
Grünewalds. Mit 15 Textbildern u. 11 Tafeln. Basel, Verlag von R. Gee-
ring, 1928. 42 S.

Die sprachliche Form dieser Schrift, der Vorträge zugrunde liegen (S. 3, 42),
ist schön in ihrer deutlichen Klarheit und in der Lebendigkeit des Wortes, in dem
sich die sinnliche Grundfarbe mit dem vornehmen Hauch des Abstrakten mischt.
Die innere Hingabe an den Stoff, die Kunst Grünewalds und Dürers, zieht an. Erst
recht der Versuch, neben der formalen Betrachtungsweise die kulturphilosophische
zu Wort kommen zu lassen: das Formale, wofür der Verfasser ein Auge hat, in
das Kulturphilosophische einmünden zu lassen und das Kulturphilosophische im
Formalen einzufangen.

Aber das Interesse erlischt bald. Das Kulturphilosophische verengt sich zum
Geisteswissenschaftlichen der Anthroposophie R. Steiners (S. 9, 10, 11, 14, 17, 26,
32, 38, 42), womit seltsamerweise Thomistisches (S. 9, 10, 11, 17, 26, 27, 36 f.:
 
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