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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 24.1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.14171#0334
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Besprechungen.

Leonore Kühn: Die Autonomie der Werte. Eine kritische Grund-
legung nach transzendentalteleologischer Methode. 1. Teil: Grundbegriffe und
Methode autonomer Wertbetrachtung. Union Deutsche Verlagsgesellschaft,
Berlin 1926. 179 S. — Schöpferisches Leben. H. Beyer & Söhne,
Langensalza 1928. (F. Manns Pädagogisches Magazin, H. 1148.) 232 S.

Unter den Schülern Rickerts, die mit den von ihrem Meister geprägten Prin-
zipien des Neukantianismus eine Ästhetik zu begründen versuchen, verdient L. Kühn
besondere Beachtung wegen der leidenschaftlichen Unbeirrtheit, mit der sie der
Linie ihrer Abstraktionen weitab von allen empirischen Handgreiflichkeiten folgt.
Sie trat zuerst mit einer bemerkenswerten Dissertation über „Das Problem der
ästhetischen Autonomie" hervor, die im 4. Band dieser Zeitschrift abgedruckt ist.
Es ist dies eine methodologische Grundlegung, die am Schluß eine spätere konkrete
Anwendung auf die künstlerischen Phänomene versprach. Anstatt des Versprochenen
folgte nach langen Jahren nichts Konkretes und keine Anwendung, sondern, in dem
1. Band der „Autonomie der Werte", viel eher eine Grundlegung der damaligen
Grundlegung: eine Prinzipienlehre der formalen Wertphilosophie, zwar noch immer
mit dem Ziel einer Begründung der Autonomie des Ästhetischen, aber auf „den
ungeheuren Umweg über allgemeinste erkenntnistheoretische Untersuchungen" ge-
drängt, weil, wie das Vorwort sagt, „nur durch strengste erkenntnistheoretische
Parallelisierung und Analogisierung konstitutiver Gültigkeitsverhältnisse die Eigen-
rechte der ästhetischen Sphäre bis in ihre Wurzeln klargelegt werden können" (9).
Weiter sagt uns das Vorwort, daß es sich hier um ein verspätet zum Druck ge-
langtes Vorkriegsbuch handelt.

Die Verfasserin übernimmt von Rickert den Primat des Wertes und des Sollens
über das Sein und konstruiert daraus folgendes erstaunlich einfache Schema. Eine
Trias von Werten: der ästhetische, theoretische, ethische Wert. (Die Stellung des
Religiösen, das im Anhang des noch nicht erschienenen 2. Bandes behandelt werden
soll, bleibt einstweilen unklar.) Jeder dieser Werte konstituiert eine streng autonome
Sphäre. Die derart konstituierten Wertformen treten zwar auch in die anderen
Wertsphären ein, jedoch nur mit „regulativer Gültigkeit". Die strenge Scheidung
zwischen konstitutiv und regulativ ist ein Hauptanliegen dieser Wertphilosophie,
wodurch sie eine reinliche Aufteilung bewirkt und jedem Werte sein Hausrecht
gegen Übergriffe sichert. Das echt Kantische Motiv des Ordnens und Zuteilens von
Gebieten — schon bei dem großen Meister nicht frei von einer Pedanterie, die dort
bereits zurechtrückt, wo erst gefunden werden soll — ist hier Alleinherrscher. Die
Antinomien ergeben sich nach Kühn dementsprechend aus Grenzverletzungen und
werden von der „Transzendentalteleologie" unter diesem Gesichtspunkt gelöst. —
In dem gesamten logizistischen Neukantianismus bereitet die „transzendentale
Ästhetik" Schwierigkeiten. So auch hier. Der anschauliche Charakter von Raum
und Zeit widerstreitet dem erkenntnistheoretischen Funktionalismus. Während aber
die Marburger Schule sich in dieser Frage dem vorkantischcn Standpunkt, der
 
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