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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 25.1931

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Kuznitzky, Gertrud: Die ästhetische Gefühlswahrheit, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.14174#0044
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GERTRUD KUZNITZKY.

also, vermittelt uns Gestaltganzheiten, Stimmungsgehalte, Werte. Aber
in welchem Sinne ist sie in alledem Wahrheit? Im ästhetischen Gefühls-
urteil offenbart sich uns Erscheinung unter besonderen Gesichtspunkten.
Aber einen Wahrheitsbezug, eine Geltungsbedeutsamkeit haben diese
Gesichtspunkte doch nur dann, wenn sie notwendig zu dem Sein gehören,
das in Erscheinung gegeben ist. Setzen wir voraus, daß diese Bedeut-
samkeit zu ermitteln ist, so wird sich auch die Frage beantworten lassen,
von der wir hier ausgingen: die Frage, wieweit ästhetische und ethische
Gefühlswahrheit sich in ihrem Geltungsinhalt unterscheiden. Es wird
dann auch in der ethischen Sphäre dem Gefühl eine bestimmte Leistung
gegenüber dem spezifisch ethischen Sein, gegenüber dem Sein und den
Werten der Person zukommen. Und es wird schließlich die Gefühlswahr-
heit im Gesamtgefüge der Geltung in ihrer Leistung begriffen werden
können.

Aber die Erkenntnis dieser letzten systematischen Zusammenhänge
hängt davon ab, daß sich die Beziehung zwischen Gefühlsurteil und Gel-
tung— und damit: der Wahrheitsgehalt der Gefühlswahrheit — an jeder
Stelle, wo wir Gefühlswahrheit zu besitzen beanspruchen, aufweisen und
begründen läßt. Wir haben uns die Gefühlswahrheit zunächst in ihrem
ästhetischen Sinnzusammenhang deutlich gemacht. Die ästhetische Ge-
fühlswahrheit ist eine Weise, wie sich die Erscheinung in Beziehung
auf das Gefühl zu erfassen gibt, sie ist ein Sprechen der Erscheinung
für das Gefühl. Erscheinung ist aber zugleich ein Bereich der Geltung.
Erscheinungszusammenhänge sind, sofern sie nur Erscheinungszusam-
menhänge darstellen und nichts persönlich Geistiges hineintritt, Zusam-
menhänge der Natur. Ästhetische Gefühlswahrheit muß also, um wirk-
lich als Wahrheit aufgefaßt werden zu können, in einem inneren Zu-
sammenhange mit der Geltung stehen, die die Natur zu einem Seins-
gefüge macht. Inwieweit die Erscheinung als ästhetische Gegebenheit
diese Bedingung erfüllt, haben wir jetzt zu untersuchen.

(Schluß folgt.)
 
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