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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 25.1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.14174#0176
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162

BESPRECHUNGEN.

versität Jowa hervor. Danach erschienen als dortige Studien in der Zeit von 1897
bis 1926 nicht weniger als 67 Aufsätze, ungefähr 38 Dissertationen und mehrere
hundert Monographien. Von den Aufsätzen bezieht sich innerhalb von 20 ver-
schiedenen Arbeitsgebieten eine verhältnismäßig große Anzahl auf „Sprechen und
Singen". Untersucht werden hierbei zumeist die Fähigkeiten, Töne auf der glei-
chen Schwingungsfrequenz auszuhalten u. ä.

Lee Edward Travis steuerte einen Beitrag bei über die Frage der links-
bzw. der rechtshändigen Zeichenleistung bei Stotterern und bei Normalen. Er
findet bei rechtshändigen Stotterern durchweg bessere linkshändige Leistungen als
bei den Nichtstotterern und findet ebenfalls bei den erstem eine größere Anzahl
„linksäugiger" Beobachter. Die einseitig bevorzugte Fähigkeit scheint sich aber
bereits nach geringer Übung zu verwischen. Immerhin wäre diese Frage wohl
wert, einmal in den K eis einer ästhetischen Bildbetrachtung hineinbezogen zu
werden. Carl J. Erickson untersuchte den Wert oder Unwert von suggesti-
ven Lokalisationsgesten seitens eines Vortragenden beim Vorlesen eines Lesestücks.
Das Ergebnis ist, daß der Redner es besser der Imagination des Hörers über-
lassen sollte, sich seine eigene Raumzuordnung zu bilden. Milton Metfessel
unternimmt Beobachtungen an dem Verhalten hervorragender Sänger (Caruso,
Schaljapin, Galli-Curci, Melba u. a. nach Schallplatten) beim Vibrato. H a z e 1
M. S t a n t o n erweitert die Seashorescnen „Messungen des musikalischen Talents".
Aus dem gleichen Gebiet gibt Esther Allen Gaw einen längeren Beitrag mit
interessantem statistischen Material. George Cutler Fracker und V i r g i e
M. Howard bekräftigen in einer Korrelationsuntersuchung die Auffassung
Seashores, wonach, trotz aller Labilität der Korrelation zwischen musikalischer Be-
gabung und allgemeiner Intelligenz, der große Musiker doch auch immer über
einen hohen Intellekt verfüge. Einen für die Ästhetik der Musik wertvollen Auf-
satz schrieb Max Schoen. Der Kernpunkt seiner lesenswerten Ausführungen
gipfelt etwa darin, daß die „Schönheit der Musik" nicht in einem „hearing music",
sondern in einem „listening to music" bestünde. Es würde allerdings den Rahmen
unseres Referats bei weitem überschreiten, wenn wir uns mit allen Einzelheiten
der Schoen sehen Auffassung kritisch auseinandersetzen wollten. — In erfreulich
konkreter Weise untersucht Norman C. Meier in einer gene-ellen Übersicht
die malerische und zeichnerische Begabung. Zum Schluß haben F. A. Stevens
und W. R. M i 1 e s Beobachtungen angestellt über die unmittelbare Zuverlässigkeit
beim Einsetzen eines gesungenen Tons. Sie finden u. a., daß die Quinte sicherer
eingesetzt würde als die Durterz. Hier wäre es wünschenwert gewesen zu erfah-
ren, ob es sich dabei um reine oder um temperierte Terzen handelt, und unter
welchen musikalischen Tendenzen einer eventuellen Tonalitätsangleichung die Ver-
suchspersonen gesungen haben. Die Ergebnisse haben somit weniger musikpsycho-
logische (und damit ästhetische) als tonphysiologische Bedeutung.

Alles in allem bietet die Seashoresche Festschrift dem europäischen Vertreter
einschlägiger Gebiete eine höchst willkommene Gelegenheit, sich über den Stand
der Forschung in Amerika weitfassend zu orientieren.

Hamburg. Wilhelm Heinitz.

Ernst Kretschmer, Geniale Menschen. Berlin, Verlag von Julius
Springer, 1929. Mit einer Porträtsammlung. VIII und 196 S.

Wie alle Werke Kretschmers ist auch dieses Buch sehr anregend; bisweilen
zum Widerspruch reizend: glänzend geschrieben, voll fein geschliffener, manchmal
allerdings überspitzter Formulierungen. Seine Lektüre wird niemand bereuen. Als,
Aufgabe hat sich Kretschmer diesmal gestellt, die im Genie selbst und seiner Erb-
 
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