Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 26.1932

DOI article:
Besprechungen
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14167#0121
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
BESPRECHUNGEN.

107

seine Aufgabe in seiner Weise trefflich gelöst hat. Bereits die Auswahl der zu
besprechenden Arbeiten erforderte Umsicht. Wie es bei St römungen, die von der
Mode getragen werden, nun einmal üblich zu sein pflegt, wird der Name „Phäno-
menologie" in Anspruch genommen, um bewußt und unbewußt Arbeiten Beachtung
zu verschaffen, die mit echter phänomenologischer Forschung nicht viel Gemeinsam-
keit haben (es ist mir z. B. auf einem Kongreß für Ästhetik begegnet, daß ein
Spezialist auf einem besonderen Kunstgebiet — sagen wir, um den Namen des
Betreflenden nicht erraten zu lassen, ein Spezialist auf dem Gebiete des Tanzes —
sich bei mir erkundigte, was denn eigentlich die vielbesprochene Phänomenologie
sei; vier Wochen später erschien von ihm ein Buch unter dem Titel „Phänomeno-
logie des Tanzes"). Z. hat im wesentlichen eine glückliche Auswahl unter den
sich als phänomenologisch gerierenden Arbeiten getroffen. Die Aufgabe, sie ein-
heitlich zu fassen, bleibt auch so noch schwer genug, da die Gegensätze innerhalb
der Phänomenologie selbst die Übersicht erschweren. Es ist begreiflich, daß, wer
vom Husserl der „Logischen Untersuchungen" herkommt, eine andere phänomeno-
logische Ästhetik propagiert als derjenige, der sich an den Husserl der „Ideen"
anschließt; die phänomenologische Ästhetik der Münchener Schule sieht anders
aus als die Schelers. Was allen Richtungen gemeinsam ist, ist nur eines: daß
sie sich auf die Wesensanalyse, auf die Wesensintuition konzen-
trieren. Dagegen ist es letztlich gleichgültig, ob man mehr das Wesen des ästhe-
tischen Objekts oder das Wesen des ästhetischen Erlebens in den Vordergrund
stellt. Jedoch grade gegen solche Wesensanalyse wendet sich Z. und will ihr den
Namen der -Phänomenologie versagen; für ihn ist phänomenologische Ästhetik
„anschaulich verallgemeinernde Betrachtung" (S. 54). Nicht das Wesen, sondern
das Wesentliche des ästhetischen Phänomensgebiets werde von ihr deskriptiv-
induktiv gesucht. „Vom Erlebnis her sucht sie die werthaft besondere typische
Erscheinungsweise zu klären, die den Gegenstand als Gegenstand dieses besonderen
Erlebnisses auszeichnet. Forschungsgebiet ist lediglich der ästhetisch erlebende
Mensch, soweit er sich als solcher zum Bewußtsein kommen kann" (S. 55). Mit
solcher Auffassung ist freilich die Phänomenologie ihres spezifischen Charakters
entkleidet; sie wird etwa zu dem, was Külpe und seine Schule unter „phänomeno-
logischer Deskription" verstanden haben; oder auch Brentano, auf den sich Z. —
von seinem Standpunkt aus mit Recht — beruft. Aber es ist nicht das, was die
eigentliche phänomenologische Schule unter Phänomenologie versteht.

Um sich gegen die Auffassung der phänomenologischen Methode als „Wesens-
intuition" zu sichern, muß Z. die Unmöglichkeit solcher Wesensintuition dartun.
Was Z. gegen das Erfassen von Wesen vorbringt, scheint nicht sehr stichhaltig.
Daß es eidetische Wissenschaften prinzipiell verschiedenen Charakters gibt (S. 11),
ist sicherlich richtig, schließt jedoch nicht aus, daß ihnen allen gemeinsam ist, daß
sie die Wesen erfassen: auch nichtexakte Wesen sind Wesen, und es läßt sich sehr
wohl an einer exakten Wesenswissenschaft wie der Mathematik dasjenige klar
machen, was für alle Wesenswissenschaften, auch für die Wissenschaffen von
nichtexakten Wesen, gilt. Der weitere Hinweis, daß die Phänomenologen nicht
einig seien, ob die Wesen der Objekte „immanent" oder ob sie „transzendent" auf-
zufassen seien, besagt nur, daß sich die Phänomenologen in ihrer Reflexion über
die Charakteristik der Wesen nicht klar sind, bedeutet also eine methodologische
Unklarheit der Phänomenologen selbst, nicht aber läßt sich daraus auf eine Nicht-
existenz der Wesen schließen. Ich selbst würde die Wesen als gegenstandsimmanent
ansehen, jedoch behaupten, daß im Erkenntnisprozeß das Einzelne von dem Wesen,
das in ihm realisiert, streng zu scheiden ist; daher entsteht eine Art der Transzen-
 
Annotationen