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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 26.1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.14167#0123
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BESPRECHUNGEN.

109

schienen, sonst würde er hieraus haben ersehen können, daß er grade in diesem
Punkte meinen Anschauungen näher steht, als er unter alleiniger Berücksichtigung
meines Vortrags über Phänomenologische Ästhetik vermutete.

Vollkommen geht Z. mit der bisherigen phänomenologischen Ästhetik einig,
wenn er betont, daß der Phänomencharakter des Ästhetischen bei allen Unter-
suchungen im Vordergrund stehen müsse. So lehnt er die Elementenpsychologie
Ziehens mit wohlverdienter Ironie ab, so weist er mit Recht darauf hin, daß
psychoanalytische Untersuchungen über das Ästhetische, so wertvoll sie an sich
sein mögen, mit phänomenologischer Ästhetik nichts zu tun haben. Von dieser
Betonung des Phänomencharakters des Ästhetischen aus erscheint auch sein Gegen-
satz gegenüber den Arbeiten der bisherigen phänomenologischen Ästhetik geringer,
als man nach den methodischen Ausgangsüberlegungen hätte erwarten sollen. So
kann er sich im wesentlichen meinen Untersuchungen über den ästhetischen Genuß
und über die Stimmungseinfühlung, sowie von Alleschs Untersuchungen über die
Erscheinungsweise der Farben anschließen; so kann er vielerlei aus Lützelers
Formen der Kunsterkenntnis übernehmen, — freilich doch immer wieder mit Akzent-
verschiebungen, indem er überall die Persönlichkeit des auffassenden Menschen in
den Vordergrund rückt. Auch hierin würde ich ihm letztlich zustimmen (siehe
den Aufsatz „Die psychische Bedeutung der Kunst" in „Zugänge zur Ästhetik"),
jedoch nur in den Fällen, in denen eben nicht auf den ästhetischen Gegenstand
abgestellt ist, sondern die Beziehung des Gegenstandes zum Ich in den Vorder-
grund tritt. Es ist durchaus zutreffend, wenn Z. betont, daß der ästhetische Genuß
„wesentlich auf den Gegenstand verweise und für den Aufbau dieses Gegen-
standes sich wiederum das tiefere Ich des Betrachters, seine Persönlichkeit be-
dingend, zeige". Allein ich würde Untersuchungen über die Konstitution des Gegen-
standes aus der Persönlichkeit heraus nicht mehr zur phänomenologischen Ästhetik
rechnen, weil hierbei nicht mehr das gegebene Phänomen als solches untersucht
wird; doch können solche Bedenken der Etikettierung sehr wohl zurückgestellt
werden.

Z. hat sich nicht damit begnügt, die phänomenologische Ästhetik kritisch dar-
zustellen, sondern er hat zugleich auch versucht, seine Anschauungen über phäno-
menologische Ästhetik zu allgemeinen ästhetischen Erkenntnissen zu erweitern. So
gibt er von seinem Standpunkt aus Analysen von Romantik, Mythos und Eros und
unternimmt es, in dem Abschnitt über „das Ästhetische und die Kunst" darzutun,
daß die Kunst sich auch den sachlichen Gehalten des Menschentums öffnen muß. Er
faßt den Künstler als den schlechthin tragischen Menschen auf und durchforscht
die Möglichkeiten tragischer Kunst (es hätten bei diesem Anlaß Schelers Abhand-
lung über das Tragische, die die phänomenologische Ästhetik in einer von der
üblichen Art abweichenden Methode zeigt, herangezogen werden müssen). Diese
Bemerkungen sind zum Teil sehr fein und aufschlußreich; aber sie sprengen den
Rahmen der Abhandlung und bedürften stabilerer Grundlegung, um über bloße
Andeutungen hinaus zu stichhaltigen Erkenntnissen zu werden. Allein auch diese
Andeutungen verraten (trotz mancher Jugendlichkeiten im einzelnen) den selb-
ständig weiterdenkenden Geist.

Göttingen. Moritz Geiger.

Kemmerich, Gustav: Paul Heyse als Romanschriftsteller.
Oldenburg: Schulze 1928. 94 S. (Forschungen zur Literatur-, Theater- und
Zeitungswissenschaft. 5.)
 
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