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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 26.1932

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Flechtner, Hans Joachim: Das Berufsproblem in der Dichtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.14167#0190
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BEMERKUNGEN.

Andergast" von Wassermann, „Doktor Galieni" von Elsa Maria Bud, „Arthur Im-
hoff" von Hans Land. Der Wirtschaftsführer: „Soll und Haben" von
Gustav Freytag, „Die Wiskottens" von Rudolf Herzog, „Wallstreet" von Upton
Sinclair. Der Offizier: „Partenau" von M. R. Hesse, „Fritzchen" von Suder-
mann, „Heimat" von Sudermann. Der Gelehrte: „Die verlorene Handschrift"
von Gustav Freytag, der „Tolle Professor" von Sudermann, „Faust". Der
Jurist: „Laudin und die Seinen", „Fall Mauritius" von Wassermann, die
„Juristen Trilogie" von Walter Bloem. Der politische Führer: „Napoleon"
von Grabbe, Carl Hauptmann, Hasenclever, Blume etc. „Bismarck" von Strobl,
Emil Ludwig usw., „Danton" von Büchner, Romain Rolland usw.

Diese Zusammenstellung wird einiges Befremden erregen. Kunstwerke und
reine Unterhaltungsliteratur stehen hier in buntem Gemisch. Maßgebend war ledig-
lich die Stoffwahl und die innere Gestaltung der stofflichen Probleme. Irgend einen
Unterschied ästhetischer Wirkung zwischen dem „Faust" und dem „Tollen Profes-
sor" besonders zu betonen, erscheint in dieser Arbeit überflüssig. Die Zusammen-
stellung will weiter nichts sein als ein Griff in die Fülle des Vorliegenden, um uns
so ein Material für die weitere Untersuchung an Hand zu geben.

II.

Unsere Untersuchung wendet sich also an die Probleme, die durch die Schwer-
ptuiktsveiiegung auf den Beruf, das Schaffen des Helden entstehen und so dichte-
rische Bedeutung erlangen. Die Fülle der Möglichkeiten ist hier allerdings so groß,
daß wir nur durch eine streng analytische Betrachtung des Stoffes Herr werden
können. Die Rolle des Berufsmenschen — wobei wir in dieser Arbeit unter Beruf
im weitesten Sinne jede Art schaffender oder Erwerbstätigkeit verstehen — ist in
der Dichtung theoretisch natürlich unbeschränkt. Extreme Stellungen, wie eine völ-
lige Trennung von Beruf und Mensch, sind ebenso möglich wie die unübersehbare
Menge von Schattierungen. Ebenso ist keine Art beruflicher Tätigkeit von der Be-
handlung prinzipiell ausgeschlossen. Es kommt eben auch hier auf die Form an, auf
das Wie der Behandlung. Praktisch allerdings ist die Auswahl ziemlich eng ge-
zogen, da eine bestimmte Art von Berufen immer wiederkehrt (z. B. Künstler), an-
dere dagegen (z. B. Mathematiker) äußerst selten behandelt werden. Doch liegen
die Gründe hierfür nicht in der Unmöglichkeit dichterischer Behandlung, sondern
in der Unkenntnis des Verfassers. Es ist begreiflich, daß der Dichter seinen Stoff
aus d e m Lebenskreise greift, dem er angehört oder den er zum mindesten kennt.
So finden wir, daß viele Dichter, die von „Beruf" Arzt sind oder waren, ärztliche
Probleme behandelt haben: S c h n i t z 1 e r : „Professor Bernhardi", Schönherr:
„Es", H. Unger: „Helfer der Menschheit". Jack London oder früher Ger-
stäcker greifen ihre Werke aus der Fülle des eigenen Erlebens, Bloem schrieb
seine Juristenromane, Dominik führt in seinen ersten Romanen in die Welt der
Großindustrie. Wer Nurschriftsteller ist, liebt die Figur des Künstlers
oder arbeitet mit umfangreichen Quellen- oder Sachstudien, wie die Schöpfer histo-
rischer Romane, oder aber, um nur dieses eine Beispiel zu nennen, wie Shaw bei
seinem „Arzt am Scheidewege". Die heimatliche Landschaft und die dort vorherr-
schenden Berufe spielen eine wesentliche Rolle bei Löns, Frenssen, R. Her-
zog, G. Hauptmann („Weber", „Pippa tanzt" z. B.).

Diese Ursachen sind aber schließlich zufällig und für eine ästhetische Betrach-
tung nicht grundlegend. Wesentlicher ist die sachliche Struktur des Stoffgebietes,
um das es sich hier handelt. Ganz allgemein genommen stellt der Berufsmensch
dem Dichter drei Problemschichten, nämlich:
 
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