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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 27.1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14172#0084
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BESPRECHUNGEN.

Ästhetik eine Soziologie des Gefühls vorauszugehen" (317/18). Diese Wendung
ist an sich recht glücklich, hat doch gerade die Psychologie des Gefühls bereits
eine beachtliche Klärung des sozialen Charakters der Gefühle herausgearbeitet.
Allerdings fällt uns hierbei auf, wie der Verfasser in seinen Literaturangaben diese
positiven Forschungen übergeht und nur auf die Werke hinweist, die sich die
methodologische Diskussion der vorliegenden Probleme angelegen sein lassen. In
den folgenden drei Paragraphen werden die sozialen Voraussetzungen der Kunst,
die sozialen Bedingungen des Kunstschaffens und des Kunstgenusses untersucht;
diese Einteilung entspricht genau dem zu Anfang entworfenen Schema, von dem
aus die Diskussion in die Untersuchung methodologischer Probleme abgeglitten
war. Ein sich nicht gerade glücklich in diese Einteilung fügender kurzer Teil über
„das Stilproblem als soziologisches Problem" beschließt die Arbeit.

Besonders auffällig ist an der vorliegenden Arbeit die Tatsache, daß die posi-
tive Forschung wenig oder gar nicht berücksichtigt ist. Diese leidige Erscheinung
tritt zunächst in dem völligen Mangel an Beispielen hervor, die dem abstrakt-
methodologischen Skelett Fleisch und Blut geben könnten. Natürlich leugnen wir
nicht die Bedeutung einer solchen rein systemwissenschaftlichen Untersuchung;
jedoch dürfen wir mit Recht eine anschauliche Fundierung in der positiven Wissen-
schaft erwarten. Ohne dies verliert die Systematik allzuleicht ihre Fruchtbarkeit
und läuft Gefahr, in die leere Abstraktheit der Systematik um ihrer selbst willen
abzusinken. Wir heben diesen Mißstand mit Absicht hervor, da er uns für die
Entwicklung der Soziologie in den letzten Jahren bezeichnend zu sein scheint. Es
werden immer wieder Untersuchungen angestellt über die Methode der Soziologie,
ohne daß die positiv-forschende Soziologie und die Sozialwissenschaften mit ihren
Ergebnissen zu Rate gezogen würden. Dabei ergibt sich der unhaltbare Zustand,
den bereits von Gottl für die Entwicklung der Wirtschaftswissenschaft hervor-
gehoben hat, daß die Methodologie sich mit Problemen herumschlägt, die inner-
halb der positiv-forschenden Wissenschaft schon längst überwunden sind, und daß
in der Methodenlehre die wahrhaft lebendigen und brennenden Probleme ihrer zu-
geordneten Wissenschaft gar nicht gesehen werden. Diese Feststellung scheint uns
auch für die Soziologie der Kunst zu gelten, wenn wir Untersuchungen wie die
hier vorliegende betrachten.

Berlin. Rene König.

Walter Serauky: Die musikalische N a c h a h m u n g s ä s t h e t i k
im Zeitraum von 1700 bis 185 0. Helios-Verlag, Münster i. W.
1929. 397 Seiten.

Nachdem uns eine historische Darstellung der Musikästhetik des 18. Jahr-
hunderts von Goldschmidt und eine solche des 19. Jahrhunderts von Paul Moos
gegeben wurde, behandelt Serauky in seinem Buch „Die musikalische Nach-
ahmungsästhetik im Zeitraum von 1700 bis 1850" die Musikästhetik von 1700 bis
1850. Der Titel ist irreführend, da es innerhalb dieser 150 Jahre sowohl in Frank-
reich wie, nach 1800, besonders in Deutschland zahlreiche Musikästhetiker gab, die
mit dem Nachahmungsprinzip mit aller Entschiedenheit gebrochen haben. S. hätte
also, würde er dem Titel seines Buches folgen, etwa nur die Hälfte der dort abgehan-
delten Autoren zu betrachten gehabt haben; lag es ihm dagegen am Herzen, die
Musikästhetik dieser 150 Jahre zu Worte kommen zu lassen, so müßte das Wort
„Nachahmungsästhetik" aus seinem Titel gestrichen werden. S. scheint doch sagen
zu wollen, daß in dem gesamten Zeitraum das Nachahmungsprinzip herrscht, und
daß die Musikästhetik auch da, wo es im Abklingen begriffen ist, noch unter der
 
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