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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 27.1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14172#0356
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342

BESPRECHUNGEN.

besonderen Sinn von „Objektivität" innerhalb dieser und dem Apriori der ästheti-
schen Urteilskraft. Entscheidendes Gewicht fällt auf die Forderung, „das Faktum
der Gefühlsgegebenheit auf seinen Gültigkeitsanspruch zu untersuchen". Es wird
betont, „daß das transzendentale Konstitutionsproblem des Ästhetischen nicht des-
halb möglich ist, weil es ein theoretisches Wahrheitsproblem gibt, durch welches
es erst mit logischem Formgehalt umkleidet wird, sondern weil es innerhalb des
ästhetischen Originäraktes eine selbständige Geltungsentwicklung gibt". Es handelt
sich also um die „Selbständigkeit ästhetischer Evidenz", die „Selbständigkeit der
ästhetischen Urteilskraft", wie sie eben erst Kant zu begründen versuchte.

Die „Umgrenzung der ästhetischen Region" bildet in O.s Buch eine Art Vor-
untersuchung; den Hauptteil seines Werkes widmet er dem „Aufbau des Systems".
Schritt für Schritt geht er den Gedankengängen Kants nach und bringt zu einer
Fülle von Teilfragen eine Menge wertvoller und entscheidender Überlegungen
bei. „Die Grundlegung des ästhetischen Aktes" überschreibt er die eine Gruppe
von Darlegungen, „Die Gestaltung des Gefühls und das Wesen der Kunst" eine
zweite, während eine dritte sich mit der Lehre vom Genie beschäftigt. Dazwischen
wird „Die Episode der Kritik des »Geistgefühls«" behandelt. In diesen Gruppen
finden wir alle Begriffe, die uns von der Beschäftigung mit der „Kritik der Ur-
teilskraft" her bekannt sind, genau auf ihre Bedeutungen, Sinnbeziehungen und oft
auch untereinander widerspruchsvolle Verwendungsarten bei Kant hin überprüft
und im Hinblick auf einen umfassenden Gesamtsinn des Werkes zurechtgerückt.
Auf vieles fällt dabei dank des Verfassers feinfühliger und tiefdringender Analyse
ein ganz neues Licht. So sind der Beschäftigung mit Kants Ästhetik durch O.s
Untersuchung ganz entscheidende Anregungen und Fingerzeige zuteil geworden,
die uns die „Kritik der Urteilskraft" in mancher Beziehung neuartig sehen, tiefer
verstehen und also auch womöglich noch höher bewerten lassen werden.

Greifswald. Kurt Gassen.

Odebrecht, Rudolf: Ästhetik der Gegenwart. — Berlin, Junker u.
Dünnhaupt 1932. 94 S. RM 3.60. (Philosophische Forschungsberichte 15.)

Die gegenwärtig gewiß auf keinem philosophischen Teilgebiet leichte Aufgabe,
einen Querschnitt durch den Forschungsstand zu geben, erscheint am schwierigsten
vielleicht auf dem der Ästhetik. Hier handelt es sich nicht nur im wesentlichen um
Aufzählung einander gleichgeordneter Lehren mit gegebenenfalls schulmäßigen Ab-
hängigkeiten, sondern um Darstellung eines höchst verwickelten Geflechts von in
ihren Zielen oft ganz unvergleichbaren, in ihren Absichten sich zuweilen kaum noch
verstehenden Lehren und Einzelbehauptungen. Ist doch in keinem philosophischen
Fach wie in der Ästhetik noch derart umstritten, welches sein eigentlicher Gegen-
stand sei und vor welchen Grenzverwischungen man sich am meisten zu hüten habe.
Um so bewunderswerter ist es, mit welcher Klarheit Odebrecht in seiner Übersicht
Ordnung in das Durcheinander ästhetischer Bestrebungen gebracht hat. Mit Hilfe
einer durchsichtigen Schematik: Wirkungsästhetik — Wertästhetik, innerhalb jener
weiter mancherlei Art von „Hedonismus" und die Einfühlungshypothese, innerhalb
dieser u. a. „Wertformalismus" und „Autonomieproblem" —, gelingt es ihm sogar,
jenes verwirrende Vielerlei als Reichtum erscheinen zu lassen. Immerhin ergibt auch
Odebrechts Darstellung, daß der wirklich vorwärtsweisenden ästhetischen Werke
nur sehr wenige sind. Man kann sagen, daß das deutsche ästhetische Schrifttum seit
dem Jahrhundertbeginn in Odebrechts Überblick fast lückenlos Berücksichtigung
gefunden hat.

Greifswald. Kurt Gassen.
 
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