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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 27.1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14172#0386
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BESPRECHUNGEN.

erst die Verstrebung des Baukörpers draußen erfolgt! C. befindet sich mit der
Parallelsetzung von Gotik und Griechentum in geistreicher Gesellschaft. Es sei hier
nur an das erinnert, was Worringer und neuerdings Hamann in seiner Geschichte
der Kunst zu dieser Frage über die Baukunst hinaus geäußert haben.

Auf die kirchliche Baukunst folgt ein aus äußeren Gründen leider nur sehr
kurz gefaßtes Kapitel: Gotischer Wehrbau, Kloster- und städtische Gebäude, Pa-
last und Wohnhaus. Die in der Regel stiefmütterlich behandelte Profanarchitektur
dieser Zeit ist des Verfassers eigenstes Arbeitsgebiet. Es wäre zu wünschen, daß
er weiträumige Möglichkeit fände, sein Material auszubreiten. Damit würde er
für viele die Vorstellung von der mittelalterlichen Baugesinnung und zugleich von
der Haltung des mittelalterlichen Menschen zur Welt überraschend bereichern. —

Trotz mancherlei Einwänden, die sich gegen Cl.s Darstellung erheben lassen,
darf doch seine Arbeit als Gesamtleistung in der Reihe der so ungleichwertigen,
schicksalsbeschwerten Bände des „Handbuchs" zu den verantwortungsbewußten und
brauchbaren gezählt werden.

Heidelberg. August Grisebach.

Paul Zucker: Die Entwicklung des Stadtbildes. In der Reihe „Die
Baukunst", herausgegeben von Dagobert Frey. Drei Masken Verlag A. G„
München-Berlin. 72 Seiten Text, 101 Abbildungen.

Das knapp und klar geschriebene, mit aufschlußreichem und mannigfaltigem
Bildermaterial bedachte Buch erfüllt seine Absicht, eine Typologie der Stadtentwick-
lung vom beginnenden Mittelalter bis zu der, wegen ihrer anderen Wesensartung
nicht mehr einbezogenen, modernen Großstadt zu bieten. Und zwar nicht auf
chronologischer, sondern auf formaler Grundlage unter Erfassung einer Stadt als
Ganzheit. Das dauernde Fortwirken des bei der Uranlage der Stadt wirkenden
Willens und seiner Formkraft wird dabei mit Recht betont.

Als Hauptgegensatz führt Zucker die „organisch entwickelte" und die „tekto-
nisch gegründete" Stadt ein. Grundtypus jener ist die aus Dorf oder Marktflecken,
meist an bevorzugter Lage (Wasser-, Handelsstraße usw.) entstandene Stadt, die
keinen von Anbeginn formenden Willen verrät, doch auch nicht der Gesetzlichkeit
zu entbehren braucht. Es folgen Typen, die als Übergänge zur tektonisch gegrün-
deten Stadt zu werten sind, Städte, die noch die Herkunft aus dem (tektonischen)
Römischen Kastell mit seiner Rechteckform und seinen rechtwinklig sich schneiden-
den Hauptstraßen verraten (wie die Städte an Rhein und Mosel, wie Regensburg,
Bologna, Nimes, Verona usw.), und Städte, deren Kern Burgen oder kirchliche
Zentren bilden (Nürnberg, Königsberg, Edinburg, Stockholm usw.). Die „Kolonial-
städte" reihen sich an, wobei in den Bereich der Betrachtung von den drei großen
Kolonisationsepochen — griechische, römische, ost-deutsche — nur die dritte mit
Krakau, Thorn, Posen, Leipzig, Lübeck, Neubrandenburg usw. fällt und die vierte,
die nordamerikanische gestreift wird. Charakteristisch für die deutschen Koloni-
sationsstädte im Osten ist die Schachbrettaufteilung inmitten kreisförmiger Um-
wallung. Bewußte ästhetische Absichten spielen auch bei ihnen trotz planmäßiger
Anlage noch keine Rolle. Sie gehören dem zweiten Haupttypus, den „Absoluten
Städtegründungen" an, deren extremste Ausbildung in der „Idealstadt" erfolgt.
Gründungen der Renaissance und der Barockzeit, sind sie aufzufassen „als die räum-
lichen Exponenten eines kirchlichen oder weltlichen Absolutismus". Sie haben wohl
Vorläufer, vorab in Frankreich, sind aber typisch erst für jene rationale Kultur,
die in Italien schon im Quattrocento anhebt. Die erste rein tektonische Stadt ist
 
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