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Q. F. HARTLAUB
gangspunkte von Sonne, Planeten und Fixsternen etc.) wie auf die durch
Tierkreis, Planeten und ihre Umläufe darin, auch durch Cyklen von Auf-
gangspunkten gegebene Zahlenverhältnisse, welche für Außen- und Innen-
maße, Abfolge von Teilen, Anzahl von Stufen usw. verwandt werden. Da
die gesamte Plastik und Malerei formal von der Baukunst abhängig ist, da
ferner die dargestellten Mythen und Symbole zu einem Großteil mit den
Astralmythen und Kalenderspekulationen etc. zusammenhängen, kann man
die gesamte archaische Kunst als kosmomorph bezeichnen — ohne
daß damit die mystagogischen Zahlenspekulationen einer gewissen sogen.
„Pyramidenforschung" anerkannt sein sollen. Dasselbe haben wir nun
auch bei der archaischen Musik gesehen, deren Tonerzeuger als optische
Erscheinung selber in das Reich der archaischen, kosmomorph bestimmten
bildenden Kunst eingehen. Alle archaischen Tonsysteme, Gebrauchsleitern
und Materialleitern, alle Musiktheorien gehen aber nicht von der mensch-
lichen Stimme, sondern von diesen Instrumenten und ihren Stimmungen
aus; schon damit ordnen sie sich dem allgemeinen, durch den Augensinn
bezeugten Bezugssystem archaischer Kultur vollständig ein. —
Die astral-kosmischen Bezüge sind nicht zu trennen von den allgemein-
magischen, magisch-religiösen Bedingtheiten, die die Musik gleichfalls
mit der bildenden Kunst der Frühzeiten gemeinsam
hat, genauer: an denen sie auf ihrer Ebene und auf ihre Art teilnimmt.
Es ist noch nicht im Zusammenhang dargestellt, welch eine Bedeutung die
(z. T. in einem verfeinerten, religiös veredelten Sinne) magischen Anlässe
für die kirchliche Baukunst besitzen: Was wäre z. B. der romanische Dom
mit seinem Chor, seiner erdverbundenen Krypta ohne den Märtyrer- und
Reliquienkult, was ohne das sakramentale Wunder! — wie wäre die Gotik
mit den Maßgeheimnissen ihrer Hütten zu denken ohne die ins Dunkel
verdrängten Zauber einer heidnischen Dämonenwelt, die sich in ihrem
mehr dekorativen Teil entdecken läßt. Es ist gerade das Uralt-Suggestive,
Zauberhafte dieser Anlässe, das ihnen solche Gewalt über die Seelen gibt
und damit solche tief aus dem Unterbewußtsein kommende formgestaltende
Kraft. In der außerchristlichen Kunst vollends, und vor allem in der
archaischen, sind diese Grundlagen des Bauens und Bildens so allgemein
und wesenhaft, wie es die zahllosen kosmologischen Symbole und Siche-
rungen sind: mag man nun an den Jagdzauber denken, ohne den die
berühmten Höhlenmalereien und Felsritzungen in Südwesteuropa und
Afrika nicht zu erklären sind,, oder an die Ornamentik der Totemsäulen
in der Südsee mit ihrer gewissermaßen hypnotischen Wirkung, wie sie ja
überall dort als Faszination oder Apotropäik waltet, wo religiöse Plastik
und Malerei uns mit formelhaft hieratischer Frontalität und Blick-
starre begegnen, — oder an die Abhängigkeit altägyptischer Reliefs
und Rundfiguren der ältesten Dynastien von der religiösen Magie
Q. F. HARTLAUB
gangspunkte von Sonne, Planeten und Fixsternen etc.) wie auf die durch
Tierkreis, Planeten und ihre Umläufe darin, auch durch Cyklen von Auf-
gangspunkten gegebene Zahlenverhältnisse, welche für Außen- und Innen-
maße, Abfolge von Teilen, Anzahl von Stufen usw. verwandt werden. Da
die gesamte Plastik und Malerei formal von der Baukunst abhängig ist, da
ferner die dargestellten Mythen und Symbole zu einem Großteil mit den
Astralmythen und Kalenderspekulationen etc. zusammenhängen, kann man
die gesamte archaische Kunst als kosmomorph bezeichnen — ohne
daß damit die mystagogischen Zahlenspekulationen einer gewissen sogen.
„Pyramidenforschung" anerkannt sein sollen. Dasselbe haben wir nun
auch bei der archaischen Musik gesehen, deren Tonerzeuger als optische
Erscheinung selber in das Reich der archaischen, kosmomorph bestimmten
bildenden Kunst eingehen. Alle archaischen Tonsysteme, Gebrauchsleitern
und Materialleitern, alle Musiktheorien gehen aber nicht von der mensch-
lichen Stimme, sondern von diesen Instrumenten und ihren Stimmungen
aus; schon damit ordnen sie sich dem allgemeinen, durch den Augensinn
bezeugten Bezugssystem archaischer Kultur vollständig ein. —
Die astral-kosmischen Bezüge sind nicht zu trennen von den allgemein-
magischen, magisch-religiösen Bedingtheiten, die die Musik gleichfalls
mit der bildenden Kunst der Frühzeiten gemeinsam
hat, genauer: an denen sie auf ihrer Ebene und auf ihre Art teilnimmt.
Es ist noch nicht im Zusammenhang dargestellt, welch eine Bedeutung die
(z. T. in einem verfeinerten, religiös veredelten Sinne) magischen Anlässe
für die kirchliche Baukunst besitzen: Was wäre z. B. der romanische Dom
mit seinem Chor, seiner erdverbundenen Krypta ohne den Märtyrer- und
Reliquienkult, was ohne das sakramentale Wunder! — wie wäre die Gotik
mit den Maßgeheimnissen ihrer Hütten zu denken ohne die ins Dunkel
verdrängten Zauber einer heidnischen Dämonenwelt, die sich in ihrem
mehr dekorativen Teil entdecken läßt. Es ist gerade das Uralt-Suggestive,
Zauberhafte dieser Anlässe, das ihnen solche Gewalt über die Seelen gibt
und damit solche tief aus dem Unterbewußtsein kommende formgestaltende
Kraft. In der außerchristlichen Kunst vollends, und vor allem in der
archaischen, sind diese Grundlagen des Bauens und Bildens so allgemein
und wesenhaft, wie es die zahllosen kosmologischen Symbole und Siche-
rungen sind: mag man nun an den Jagdzauber denken, ohne den die
berühmten Höhlenmalereien und Felsritzungen in Südwesteuropa und
Afrika nicht zu erklären sind,, oder an die Ornamentik der Totemsäulen
in der Südsee mit ihrer gewissermaßen hypnotischen Wirkung, wie sie ja
überall dort als Faszination oder Apotropäik waltet, wo religiöse Plastik
und Malerei uns mit formelhaft hieratischer Frontalität und Blick-
starre begegnen, — oder an die Abhängigkeit altägyptischer Reliefs
und Rundfiguren der ältesten Dynastien von der religiösen Magie