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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 34.1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.14215#0052
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38

BESPRECHUNGEN

haben, wodurch geradezu die Phänomenologie als Methode aufgehoben wurde zu
Gunsten engster inhaltlicher Vorentscheidungen, die auch dann ihren subjektiven
Charakter nicht verleugnen, wenn sie sich als allgemeine „anthropologische'1 Weis-
heiten darbieten. (Vergl. z. B. S. 41 f.) Im übrigen gelingt es dem Verfasser fast ohne
sachliche Konzession auch die Terminologie der Heideggerschen Richtung der Phäno-
menologie mit zu handhaben.

Nach den durchaus wesentlichen methodischen Ausführungen richtet sich der
Hauptteil der Untersuchung auf die Bestimmung des ästhetischen Gegenstandes.
Der Verfasser beginnt mit einer Erörterung der Stellung des ästhetischen Gegen-
standes innerhalb der Gesamtheit aller Gegenstände. Er definiert als Gegenstand
„alles Seiende, auf das sich menschliches Erleben intentional richten kann" (S. 39).
Die Gegenstandswelt als Ganzes wird gegliedert in die praktische erkenntnismäßige
und ästhetische Gegenständlichkeit, wobei die beiden ersten Gegenstandsbereiche als
„Wirklichkeit" sich grundsätzlich unterscheiden von der ästhetischen Gegenständlich-
keit, die nicht wirklich ist, ohne deswegen in ihrem Gegenstandscharakter beeinträch-
tigt zu werden. Wir halten diesen Gesichtspunkt, den schon die frühere Phänome-
nologie herausgearbeitet hat, für besonders wesentlich, um alle subjektivistische und
sonstige sachfremde Ableitung des Ästhetischen auszuscheiden (vgl. S. 47 f.). Es
muß dann im übrigen festgehalten werden, daß Unwirklichkeit „nicht einen einfachen
Gegensatz zu Wirklichkeit" bedeutet (S. 49), sondern nur unzulänglich die besondere
Erscheinungsweise des Ästhetischen andeutet. Der Verfasser spricht in diesem Zu-
sammenhang von einer besonderen Qualität, die das Ästhetische darstelle. Wir
möchten es vorziehen, von einer besonderen Modalität, einer Erscheinungs weise
zu sprechen und den Ausdruck der Qualität den besonderen ästhetischen Wertigkeiten
(z. B. schön) als kategoriale Bestimmung vorzubehalten.

Die Abgrenzung der ästhetischen Gegenständlichkeit gegen die praktische führt
zu einer gründlichen und grundsätzlichen Auseinandersetzung mit der von Heidegger
gepflegten Richtung der Phänomenologie, die im wesentlichen mit ihren Kategorien
aus der Sphäre der praktischen Wirklichkeit heraus entwickelt wird, während die
Abgrenzung gegenüber der Auffassung von Jaspers Gelegenheit gibt, die ästhetische
Gegenständlichkeit gegenüber einer zu engen und zu subjektivistischen Fassung der
Bildhaftigkeit des Ästhetischen abzuheben (66 f.). Der Verfasser ist bestrebt, soweit
als möglich seine Untersuchung in positive Beziehung zu den erwähnten Theorien
zu bringen. Man kann sich aber des Eindrucks nicht erwehren, daß eine weniger
entgegenkommende Formulierung oft die tafsächlich bestehenden grundsätzlichen
sachlichen Unterschiede schärfer zum Ausdruck bringen und damit der Erkenntnis
noch besser dienen würde.

Die positive Einsicht, die aus diesen Erörterungen herausspringt, formuliert
der Verfasser selbst abschließend mit folgendem:

„Der ästhetische Gegenstand unterscheidet sich vom wirklichen Wahrnehmungs-
gegenstand dadurch, daß er nicht den Charakter der Leibhaftigkeit, sondern den
der Bildhaftigkeit trägt. Bildhaftigkeit tritt schon im Bereich der Wahrnehmung auf,
dann, wenn der Wahrnehmungsakt keinen Widerstand erfährt oder dieser Widerstand
durch entsprechende Einstellung im Erleben aufgehoben wird. Der ästhetische Ge-
genstand ist zwar ein unwirklicher Gegenstand, in der Unwirklichkeit liegt aber
kein Mangel, sondern eine positive qualitativ eigenständige Seinsweise, die Bild-
haftigkeit begründet, die es gestattet, im übertragenen Sinne sogar vom ästhetischen
Gegenstand als einem mehr als wirklichen Gegenstand zu sprechen." (S. 74.)

Die Auseinandersetzung mit der Ästhetik Häberlins läßt zwei phänomenologische
Feststellungen hervortreten: Die ästhetische Gegenständlichkeit ist trotz der Auf-
 
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