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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 34.1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.14215#0273
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BESPRECHUNGEN

259

Trotzdem wird mancher Leser sich zunächst dem zweiten Teil der Arbeit
zuwenden, in welchem ein wahrhaft Berufener, Baukünstler und Baudenker in einer
Person, seine eigene Philosophie und Ästhetik, Psychologie und allgemeine Theorie
der Baukunst entwickelt. Nach einer grundsätzlichen Erwägung über „das Bauen
als Kunst" wird hier das „Wesen des baulichen Gestaltens" von zwei methodisch
getrennten Gesichtspunkten her erörtert: zunächst von rezeptiven her als das Er-
fassen, sodann vom produktiven aus als das Schaffen. Es versteht sich, daß
gerade in diesem letzten Hauptabschnitt (der den Vorgang, die Mittel und die Ziele
des Gestaltens untersucht) gar vieles steht, was in solcher Lebendigkeit und Schaf-
fensnähe nur ein moderner Praktiker zu geben vermag — nicht zuletzt gelangt
auch die ganze Problematik des zeitgenössischen Bauens in seiner Spannung zwi-
schen „skeletthafter" (technogener) und konservativer „muskelmäßiger" (d. h. „lapi-
darer) Ausführung zur Sprache, wenn auch ohne jede kämpferische Zuspitzung.
Für viele Leser werden diese letzten Kapitel die eigentlichen Höhepunkte bedeuten.
Aber auch die vorangehenden Untersuchungen über das Erleben der verstandes-
mäßigen, sinnenhaften und seelischen Wirkungen von Bauwerken konnten in solcher
Fülle und Vielseitigkeit nur durchgeführt werden von einem, dessen Kunstbetrach-
tung durch die Erfahrung des Selbstschöpferischen gelenkt wird. Was hier (und im
historischen Teil) etwa über die uralte Frage von geheimen Maßen und Zahlen in
der Baukunst ausgeführt wird, stammt aus seelischen und leiblichen Erfahrungen,
aus einer in Fleisch und Blut des Werkmannes eingegangenen Überlieferung,
obschon es entschieden auch in einer philosophischen Ästhetik seinen Platz haben
müßte. Keine Frage, die dem über das Wesen der Baukunst, über die Eigentüm-
lichkeit des Architektonisch-Schönen Nachdenkenden begegnen muß, ist wohl in
Schumachers Werk übergangen, jedenfalls keine Hauptfrage, Darum sei auch der
Leser dieser Zeitschrift mit Entschiedenheit auf das Buch verwiesen. Mancher gor-
dische Knoten der Problematik wird hier mit einer ganz anspruchslos auftretenden
Überlegenheit mit einer über der Sache stehenden Leichtigkeit gelöst (nicht aber
mit Künstlerwillkür nur „zerhauen"), — einer Leichtigkeit, wie sie eben nur aus
einer langen Lebenserfahrung und aus einer eigentümlich glücklichen Eigenschafts-
verbindung bei diesem Autor möglich geworden ist. Es ist darum wohl auch nicht
unbedingt nötig, hier Einzelheiten aus der Menge der angebotenen Lösungen
herauszugreifen und ihnen etwa abweichende Meinungen entgegenzustellen. Das
Buch ist vom Standpunkt des Heute — zugleich umblickend und rückblickend —
geschrieben. Eine spätere Geschichtslage wird naturgemäß manches anders sehen
lassen. Trotzdem dürfte die Darstellung, die in ihrer umfassenden Form in der
Kunstliteratur ziemlich alleinsteht, nicht so rasch veralten. Sie dringt überall vom
Zeitlichen her auf das Zeitlose, vom Besonderen auf das Gemeinsame; sie ist syn-
thetisch, ohne bloß oberflächlich zu vermitteln. Sie ist, nicht zuletzt, auf eine schöne,
beschwingte Art geschrieben und verrät auch in der reinen Gliederung, Verfeine-
rung und kunstvollen Steigerung des Stoffes den Künstler: nicht nur den Archi-
tekten übrigens im engeren Sinn, sondern auch den „Musiker", den musiknahen
Menschen, der sich in der Art andeutet, wie hier das letzte Geheimnis der archi-
tektonischen Harmonik nach uralter Weise als ein musikalisches — und noch tiefer:
als ein kosmisches — verstanden wird. G. F. Hartlaub.

Richard Benz und Arthur von Schneider: Die Kunst der
deutschen Romantik. R. Piper & Co., München (1939).
Das vorliegende Werk gehört nicht jener Gattung von Kunstbüchern an, die

ihrer eingänglichen und relativ mühelosen Form wegen in letzter Zeit einen immer
 
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