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Zeitschrift für christliche Kunst — 11.1898

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Pfeifer, Hans: Der siebenarmige Leuchter im Dome zu Braunschweig
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https://doi.org/10.11588/diglit.3834#0038

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47

181)8.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

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Namentlich das tiefsatte Blau und die Verwen-
dung rother Farben, die in solcher Ausdehnung
nur bei Erzeugnissen der genannten Schulen
vorkommen, lassen die rheinischen Meister er-
kennen. Der Weifenschatz besitzt ein Reliquien-
kästchen aus dem XII. Jahrb., das reich mit
Schmelzwerk verziert ist und nach der darauf
befindlichen Inschrift von einem Eilbertus aus
Köln hergestellt ist. Wenn man auch nicht
behaupten kann, dafs Eilbertus die Emaillen
unseres siebenarmigen Leuchters gefertigt habe,
so beweist der Eilbertusschrein doch, dafs vom
Rhein her Emaillen zu Heinrich des Löwen
Zeit in den Blasiusdom gelangt sind. Die
Emaillen des Leuchters konnten ganz unab-
hängig von der Herstellung des Bronzewerks
an einem andern Orte hergestellt werden, da
sie in Fassungen später eingesetzt wurden. Die
früher genannten Buchstaben mögen hierbei als
Merkzeichen gedient haben.*)

Was nun die Herstellungsweise der Emaillen
unseres Kandelabers anbetrifft, so ist schon
früher bemerkt, dafs wir es mit Gruben- oder
Füllungsschmelz, mit Email champleve" zu thun

*) [Die Fabrikationsstätten einzelner romanischer
Grubenschmelzarbeiten zu bestimmen, ist nicht leicht,
weil dafür die Anhaltspunkte fast nur durch die Far-
bentöne gegeben sind , für diese aber in den Erzeug-
nissen der einzelnen Werkstätten ein so bestimmter
und umgrenzter Kanon sich mit Sicherheit nicht ergibt.
Die in ihren Farbenstimmungen genau zusammen-
gehenden Emailarbeiten werden gewifs derselben Schule
zugeschrieben werden dürfen, aber nicht selten begegnen
solche, deren Töne mit keiner der bekannten Schulen
vom Rhein, von der Maas, von Verdun, von Limoges
etc. vollkommen sich decken, und zu diesen gehören
wohl auch die vorliegenden. Von ihnen wird aber
dennoch behauptet werden dürfen, dafs sie mit den
rheinischen die meiste Verwandtschaft zeigen, nament-
lich in Bezug auf das Blau des Grundes, welches trotz
seiner Tiefe eine lichtere, um nicht zu sagen, an der
Oberfläche etwas durchscheinende Tönung hat, die
als ein gewisses Charakteristikum des rheinischen
Emails angesprochen werden darf. Von desem unter-
scheiden sie sich freilich durch das dunkle Roth wie
durch das helle Gelb, welches vielleicht dem unge-
wöhnlichen Umstände zu danken ist, dafs die im Metall
ausgesparten Figuren im Rothkupfer belassen, also
nicht vergoldet sind. Vielleicht hat diese ganz excep-
tionelle Mafsnahme ihren Grund in der Bestimmung
dieser Medaillons als Verzierung derber Knäufe, an
denen das Gold in einen zu starken Gegensatz ge-
langt wäre zu der sonstigen Gestaltung und Färbung
des grofsen Leuchters. Für so gewaltiges und schweres
Geräth pflegte Emailschmuck nicht verwendet, deshalb
auch Verzicht auf die Vergoldung der letzteren nur
ganz ausnahmsweise geleistet zu werden.] D.H.

haben, dessen Technik als bekannt vorausgesetzt
werden darf. Bei den Medaillons unseres Leuch-
ters sind die Figuren, die Adler, die Gliede-
rungen der Bänke und Pulte, sowie auch ab-
wechselnd die Blattranken in Metall stehen
geblieben, während der Grund mit blauem
Glasflufs, die übrigen Theile aber mit grün,
gelb, weifs und bläulichen Glasfarben ausgefüllt
sind. Die gleiche Farbenskala wiederholt sich
auch noch bei den erhaltenen Bandstreifen.
Besonders hervorzuheben ist die glückliche Ver-
theilung der Farben, namentlich des blauen
Grundes, so dafs eine ansprechende Gesammt-
wirkung erreicht ist.

Ueber den Knäufen unseres Leuchters sind
kelchförmige Blätter, die bei den obersten
Knäufen die Lichtmanschetten bilden, ange-
bracht. Die Blätter, beziehungsweise Kelche
zeigen im Grundrifs streng geometrische, der
Schaftform sich anschliefsende, Formen und
bei ihnen sind die kerbartigen Einschnitte, die
wir auch an den Kapitellen der Säulen des
Marienaltars finden, sowie die herzförmigen
Endigungen derselben zu beachten. Stellen-
weise stehen die Blätter zu zwei Reihen über-
einander und die Verzierung der Blätter ist je
nach der Höhenlage des Kelches bald oberhalb,
bald unterhalb derselben angebracht.

Von besonderer Schönheit sind die Drachen
an den Ecken des Fufsgestells, deren Schwänze
sich aufrollen und mit Blättern und Blüthen,
zwischen welchen Salamander als lichtfreundliche
Thiere sich hindurchwinden, verziert sind. Die
Stilisirung ist äufserst fein und die Lösung eine
elegantere, als bei dem Leuchterfufse in Rheims,
wenn schon der letztere figurenreicher ist.

Der Gufs ist tadellos; wahrscheinlich ist das
Modell in Wachs hergestellt gewesen und der
Gufs in einer Lehmform erfolgt, also ähnlich
wie der Glockengufs geschah. Die Komposition
der Bronze ist sehr glücklich getroffen und
besteht nach den angestellten Untersuchungen
aus 84,62% Kupfer, 10,64% Zink, 3,69%
Zinn, 0,79 % Eisen, 0,76 % Verunreinigungen,
Antimon etc„ wodurch ein schöner Bronzeton
erzielt ist, der an verdeckten Stellen noch heute
ein goldglänzendes Ausehen hat. Dieser Gold-
schein liefs die Vermtithung aufkommen, als
wäre der Leuchter thatsächlich vergoldet ge-
wesen. Dem ist jedoch nicht so, wie eine ein-
gehende Untersuchung ergeben hat. Das Ge-
wicht des Leuchters geben Ribbentrop und
 
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