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Zeitschrift für christliche Kunst — 11.1898

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Justi, Carl: Ein Bildniß König Ferdinand des Heiligen, von Murillo
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https://doi.org/10.11588/diglit.3834#0168

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265

1898. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

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Murillo bekannt sein konnten. Das künsterisch
und ikonographisch werthvollste Bild des Königs
befindet sich aber nicht dort, sondern am ent-
gegengesetzten nordöstlichen Ende Spaniens,
in der alten Hauptstadt Kastiliens. Es ist die
Statuengruppe Ferdinands
und seiner ersten Gemahlin
Beatrix, der Tochter König
Philipps von Schwaben, im
Kreuzgang der Kathedrale
von Burgos.

Hier ist Ferdinand in
jugendlichem Alter darge-
stellt, nur erst mit schwa-
chem Flaum auf den Lip-
pen. Er reicht seiner Braut
den Trauring; Beatrix wen-
det sich nach ihm hin, aber
ohne die Hand zu dessen
Annahme zu bewegen. Das
Datum der Vermählung
(1220) führt auf sein zwei-
undzwanzigstes Lebensjahr.
Seine Züge haben den ger-
manischen Typus, wie die
der Braut. Das gothische
Blut hatte sich in dem
königlichen Hause von Leon
noch unvermischt erhalten.
Er war nach der Schilde-
rung seines Sohnes von
vollendeter Schönheit in
Gesichtszügen und Gestalt,
ritterlichem Anstand und
einnehmender Gewandtheit
in Bewegungen und Rede
(Fui muy fermoso home
de color en lodo el cuerpo;
et apuesto en ser Inen fa-
cto nado, et en iodos sus
miembros, eten saberse ayu-
dar de cada uno de ettos etc.)
Der Bau des Kopfes oder
die Züge widersprechen
nicht demGemälde Murillos.

Der Stil dieser Gruppe ist der der besten
gothischen Zeit, ebenso frei von unbehülflicher
Befangenheit wie von gezierter Manier. Sie mag
gegen Ende des Jahrhunderts von Alonso er-
richtet worden sein, und wahrscheinlich zum
Gedächtnifs der Gründung der Kathedrale, deren
Grundstein Ferdinand im Jahre 1221 gelegt

Ferdinands Muttergottesbild

hat. Dies hat Valentin Carderera gefolgert aus
den an derselben Seite aufgestellten kleinern
Statuen des Bruders des Königs Alonso, ge-
nannt El Infante de Molina, und des Bischofs
von Burgos, Mauricio, der den Grundstein zu
segnen scheint. Alle diese
vier waren bei dem Akte
zugegen. Die vorzügliche
Arbeit führt auf die Schule
des französischen Kron-
lands; da der Kreuzgang
ein Werk des XIV. Jahrh.
ist, so können sie von einem
früheren Standort hierher
versetzt worden sein. Es
sind Gestalten von hohem
Adel und vornehmer An-
muth, aus jedem Zug spricht
Reinheit und Zartheit der
Empfindung. Ihresgleichen
dürfte in der Plastik dieser
Zeit kaum zu finden» sein.
Sie führen uns vor Augen,
wie in jenen Tagen und in
einem Volke, dessen Da-
sein ein ununterbrochener
heifser Kampf war, edelste
Menschlichkeit eine Stätte
gefunden hatte. Kein wür-
digeres Andenken konnte
der gelehrte Sohn dem Vater
stiften, dereine der lichtesten
Erscheinungen des Jahrhun-
derts war. Er verdankte wie
sein Reich, so auch seine
Erfolge und seine Tugenden
der Mutter, Berenguela, der
Tochter Alfons VIII. von
Kastilien und Schwester der
Mutter des hl. Ludwig von
Frankreich, Bianca.

Im Schatz der Capilla
real wird noch ein elfen-
beinernes Madonnenbild
gezeigt, La Virgen de las
Batallas, das werthvollste unter den Andenken,
die von Ferdinand dort erhalten sind. Er soll
es stets, wenn er in's Feld zog, auf dem Sattel-
bogen mit sich geführt haben. Da die plastische
Kunst Spaniens ein solches Werk nicht hervor-
zubringen vermochte, so hat Madrazo ver-
muthet, es sei von Beatrix aus Schwaben mitge-
 
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