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Zeitschrift für christliche Kunst — 11.1898

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Justi, Ferdinand: "Die Jagdszene auf dem sasanidischen Prachtgewebe"
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https://doi.org/10.11588/diglit.3834#0227

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303

1808. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12,

\
864

Tabari und Ihm Athir (der den Tabari exzer-
pirt hat).6)

Dafs Bahrain von seinem wunderbaren
Schufs auf den Wildesel den Beinamen Gor
empfangen habe, ist wohl sagenhaft, vielmehr
war der Vergleichungspunkt des Prinzen und
des Wildesels die Ausdauer und Schnelligkeit,
wie Ismael „ein Wildesel - Mensch" genannt
wird.7)

Die Figur des Prinzen in seiner anschliefsen-
den Kleidung gleicht am meisten der des
Reiters auf einem sasanidischen Felsbildwerk in
Naksch-i Rustam bi Persepolis.s) Der Helm
ist der kegelförmige parthische und gleicht
dem dieses Reiters sowie dem bis in neure
Zeit üblichen, den man auch auf den Minia-
turen in Prachthandschriften des Shahnameh
sieht. Die kleinen flatternden Bänder sind an
der Helmspitze befestigt, die grofsen mit der
Quaste scheinen die am untern Rande des
Helmes oder der Krone befestigten breiten
Seidenbänder zu sein, die sehr deutlich auf
dem Relief von Tak Bostan,9) sowie auf der
Rückseite der grofsen Bildsäule Sapor's I. in
den Ruinen von Schapur10; sichtbar werden,
und auf andern Bildwerken neben der weiter
herabfallenden faltenreichen Chlamys er-
scheinen, die wahrscheinlich beim Jagen ab-
gelegt ward. Das Rofs heifst bei Firdusi11)
Schabdez; dieser Name, der „nachtfarbig" be-
deutet, ist wahrscheinlich unrichtig von dem
Rofs des Chusrau Parwez (590—628) auf das
des Bahram übertragen, denn dieses ist nicht
schwarz, sondern ein Fuchs.12)

Der vom Löwen Überfallene Wildesel ist
deutlich durch die langen Ohren, zwischen
denen der Schopf der Mähne sichtbar ist,
ferner durch den Schwanz, endlich durch die

') »Mirchond's Raudatu 's-safa« (Bombay 1855)
I, 228, Z. 2 v. u. »Ibn Alhiri Chronicon« ed. Tom-
berg. (Lugd. Bat. 1867 — 1876), I, 288, 16. Silv.
de Sacy »Memoires sur diverses antiquite's de la
Perse« (Paris 1793), 331.

7) pere' adam, Genesis 16, 12.

s) Ker Porters »Travels in Georgia, Persia etc.«
I (Lond. 1821), PI. 22.

9) Ker Porter 11,'Pl. 66. J. de Morgan »Mis-
sion scientifique en Perse« II, PI. 34.

]") Texierk»Description de l'Armenie etc.« PI. 150-
u) ed. Macan 3, 1539, 5 = ed. Mohl 5, 664,
1377.

u) arab. aschkar, Tabari 857, |8 (Nöldeke's
Uebers. 89). Athir 1, 283, 14. Firdusi ed. Mac an 3,
1466, 3 = ed. Mohl 5, 504, 141.

weifsen Bauchhaare gekennzeichnet; eine
farbige Abbildung dieses schnellen Einhufers
gibt Ker Porter I, 460, PI. 11. Der kreis-
runde Fleck auf dem Hintertheil ist mir un-
erklärbar; der Rhombus mit dem Punkt unter
der Vordertatze des Löwen soll die eiserne
Spitze des Pfeils darstellen, der in den Nacken
des Raubthieres geschossen, beim Nabel des
Esels wieder herausdringt, um dann in den
Erdboden zu fahren. Die Abbildung beider
Thiere ist, wie der erste Blick erkennen läfst,
der alten hieratischen Darstellung der Erwür-
gung des Stieres durch den Löwen an den
Treppen von Persepolis nachgebildet, die aus
der assyrischen Kunst stammt und auf zahl-
reichen geschnittnen Steinen wiederholt worden
und bis in die nordischen Holzkirchen ge-
drungen ist; es sei nur auf den Chalcedon
hingewiesen, der die Darstellung mit dem per-
sischen Namen Manutsche Tirikan zeigt.13)
Dies gibt unserm Bildwerk religiösen Charakter,
wie denn die Jagd als Tödtung ahrimanischer
Thiere als religiös verdienstlich, betrachtet
wird. In der Gestalt des Wildesels tritt der
Diw Akwan, der von Spiegel14) und Nöl-
deke15) für den Dämon Akoman (im Awesta
akem mano, der böse Sinn), den Gegner
des Genius Wohu mano (des guten Sinnes)
gehalten wird, aber vielleicht die Verkörperung
der manichäischen Sekte der 'Axovavhai sein
soll,16) dem gröfsten Helden des iranischen
Epos, dem Rustam, entgegen;17) und der
Stifter der sasanidischen Herrschaft, Artach-
schathr (Ardaschir I) hatte einen Wildesel
erlegt und gerieth mit dem Sohne des letzten
Paitherkönigs, der den Jagderfolg sich zu-
schrieb, in den verhängnil'svollen Zwist, der
den Sturz der Arsakiden angeblich zur Folge
hatte.ls) Auch auf der bekannten Schale des
Chusrau II Parwez (590--628)19) bemerkt man

13) S. de Sacy »Mem.de 1'Institut« II, 202, PI. II,
n° 2; vgl. »Iranisches Namenbuch« 191b (Manutsche).

14) »Eranische AUerlhumskunde« 1, 637.
r) »Grundrifs der iran. Philo!.« II, 1, 139.
lö) »Iranisches Namenbuch« 12a.

17) »Schahnameh« ed. Macan 2, 747, 24; ed.
I Mohl 3, 272, 33.

is) „Karnamak" 1,31, Uebersetzung von Nöl-
deke in »Bezzenbergers Beiträgen z. Kunde d. indog.
; Spr.« IV, 61. Darab Dastur Sanjana »The Kar-
| name i Artakhshir.« (Bombay 1896), S. 7.

1'1) Longperier »Annales de 1'Institut archeol.«
(1843 bis 1844), S. 98 und dessen »Oeuvres« I, 89,
wonach Dieulafoy »L'art antique de la Perse« V, 103.
 
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