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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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189

1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

190

und gewaltigen G reiße, ohne daß jedoch die wenigen
radikalen Mitbegründer, Rogier van der Weyden (aus
Tournai) und (der außergewöhnlich gehobene) Dirk
Bouts (aus Haarlem) als seine eigentlichen Schüler
zu gelten haben. Sie bi den zusammen (mit einigen
kleineren Meistern) die archaische Gruppe, an
die sofort die zweite Generation sich anschließt.
In ihr bezeichnet Peter Christus einen gewissen
Fortschritt, ohne aber an die Feinheit und Eleganz
des Hauptmeisters Hugo van der Goes heranzu-
reichen, der an Albrecht van Ouwater einen minder
gewandten Konkurrenten hatte. — Die dritte Gene-
ration hat ihren Hauptvertreter in Hans Memling
(aus der Diözese Mainz), dem mehr als 50 Seiten ge-
widmet sind mit dem Resultat, daß die Grazie der
Linienführung, aber auch die Generalisierung der
Formen zunimmt, die Technik nachläßt. Mit ihm
erreicht die flandrische Schule einen gewissen Abschluß,
während der ihm vielfach verwandte (aber fortschritt-
licher geartete) Gecrtgen van Haarlem das Ende der
holländischen Schule bezeichnet. — Die in den Anhang
gebrachten „Anmerkungen" ergänzen den flott und
sehr anregend geschriebenen Text durch allerlei inter-
essante Notizen. — So erfüllt das aus dem Vollen
schöpfende Buch vollauf den Zweck, bezüglich der
jetzt im Vordergrund der Beachtung stellenden alt-
niederländischen Malerei nicht nur den gegenwärtigen
Höhepunkt der Forschung zu reflektieren, sondern
ihn auch in abgerundeter Form zur Anschauung zu
bringen als das Vorspiel für weitere Errungenschaften.

Schniitgen.

Les Farnese peints par Titien. Par Gustave,
Clausse. Paris. Gazette des Beaux-Arts, 8,
Rue Favart 1905.
Die berühmte Familie der Farnese hat drei große
Perioden erlebt, von denen die mittlere, kürzeste,
aber bedeutungsvollste, sich in Rom abspielte und
die drei letzten Viertel des XVI. Jahrh. umfaßte. —
Was die hervorragendsten Träger dieses Namens:
der Kardinal Alexander und spätere Papst Paul III.,
der Herzog von Castro Peter Ludwig, der Vizekanzler
Kardinal Alexander und der Kardinal Ranuccio als
Kunstmäzene geleistet haben, wird hier zur Darstellung
gebracht. — Daß der Künstler Titian hierbei im
Vordergrunde steht, findet seine Begründung in dem
Umstände, daß er nicht nur die meisten Porträts der
Mäzene ausgeführt, sondern auch deren Kunstinter-
essen wesentlich gefördert hat. — Aus gründlichen, auch
urkundlichen Forschungen entwickeln sich in geistreicher
Sprache diese Lebensbilder, die von einem trefflichen
Überblick über den Werdegang Titians eingeleitet
werden und an der Hand von 9 Porträts und 3 Büsten
sich abspinnen. Zwei derselben sind von Raphael
gemalt, die sieben anderen von Titian, zwei der
Büsten des Papstes von Wilhelm della Porta. Sämt-
liche Bilder befinden sich im Nationalmuseum und
im Königlichen Schloß zu Neapel, mit Ausnahme des-
jenigen von Raphael, welches den Kardinal Alexander
zu den Füßen Gregor's IX. darstellt (im Vatikan),
sowie des zweiten Kardinals Alexander im Palazzo
Corsini, und des Kardinals Ranuccio (?) im Museum

zu Wien.__ In vorzüglichen Lichtdrucken sind auf

13 Tafeln diese Bildnisse wiedergegeben, auf zwei

weiteren das Schloß Caprarole und die Jesuitenkirche
in Rom als Bauten des Kardinals Alexander. — Was
Paul III. für Wissenschaft und Kunst getan hat, wird
ausgiebig erörtert, noch eingehender geschildert, was
Kardinal Alexander durch seine sehr ausgedehnten
und innigen Beziehungen zu den Hauptgelehrten und
Künstlern seiner Zeit erreicht hat, zu den Malern,
aber auch zu den Bildhauern, Goldschmieden, Archi-
tekten, nicht nur in Rom. — Mit dem „Familien-
bilde", welches den alten Papst 1517 zwischen seinen
beiden Neffen, dem Kardinal Alexander und dem jungen
Prinzen Octavio darstellt, in nicht ganz vollendeter
Ausfuhrung, aber in frappanter Charakterisierung,
schließt die geistvolle und doch historisch zuver-
lässige Monographie. K.

Rembrandt. Eine Skizze von Richard Graul.
Mit 14 farbigen Reproduktionen. Fünfzig Zeich-
nungen von Rembrandt. Ausgewählt und
eingeleitet von Richard Graul. E. A. Seemann,
Leipzig 1906. (Preis je 3 Mk. geb.)
Das erste Büchlein enthält auf 40 musterhaft
ausgestatteten Seiten ein Lebensbild Rembrandts,
welches nicht nur die zuverlässigsten Angaben und
die zutreffendsten Äußerungen über den Meister ge-
schickt zusammenfallt, sondern ihn auch in eigen-
artiger, scharfer Charakterisierung zeigt, die ihn dem
Verständnisse näher bringt. Die beigehefteten Farben-
diucke erhöhen als köstliche Erzeugnisse der Chromo-
technik den Wert des vornehmen Bändchens, das
nur von diesem Mcisterverlage des Dreifarbendruckes
so wohlfeil geboten werden konnte. — Das zweite
Büchlein schildert Rembrandt als den gewandten,
eindrucksvollen, fruchtbaren Zeichner und wählt aus
der Unzahl seiner Zeichnungen 50 der ihn am meisten
charakterisierenden heraus, um sie in einfachen Auto-
typien wiederzugeben. Diese Studien nach der Natur
und nach anderen Künstlern, diese Kompositions-
Entwürfe und Skizzen manifestieren den Meister in
seiner Originalität, Kraft und Vielseitigkeit, für das
Studium der weitverbreiteten Originale neues Inter-
esse weckend. b.

Weichers Kunstbücher Nr. 3. — Leipzig. — Die
Meisterbilder von Rembrandt (Preis 80 Pf.)
sind 60 gute Reproduktionen von Hanfstänglschen
Aufnahmen der besten Gemälde Rembrandts, zumeist
Porträts, aber auch ein starkes Dutzend sonstiger
Hauptbilder. Das niedliche Format und der geschmack-
volle Umschlag verleihen dem Festbüchlein einen
besonderen Reiz. B.

Allgemeines Künstler-Lexikon. Dritte um-
gearbeitete und bis auf die neueste Zeit ergänzte
Auflage, herausgegeben von H. W. Singe r. Nach-
träge und Berichtigungen. Rütten & Loening
in Frankfurt a. M. 1906. (Preis 9 Mk.)
Dieses lieferungsweise erschienene, hier daher seit
Bd.VII, Sp. 318 wiederholt besprochene große Lexikon
war namentlich in bezug auf seinen ersten, von
f Müller besorgten Teil (A—J) der Ergänzung sehr
bedürftig, so daß hierfür der bei dem Abschluß des
Werkes 1901 in aller Eile zusammengestellte I. Nach-
 
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