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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Wurm, Alois: Eine Alternative in Sachen Fra Angelicos
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0019

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1910. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1-

10

Ich möchte nun das Ersuchen stellen, dieses
Bild mit dem Altarbild in Fiesole eingehend
zu vergleichen: ob das hier wie dort nicht
dieselbe tote und einförmige Sache2) ist, trotz
heißen Bemühens dieselbe Unfähigkeit, einen
wahrhaft innerlichen Ausdruck (der Andacht,
Ergriffenheit usw.) zu erzielen, derselbe Kopf-
typus, dieselbe Art, Augen, Nase, Mund,
Hände (in ihrem mißlungenen zierlichen
Greifen und ihrer miniaturenhaften Kleinheit)
zu bilden, die Falten des Habits schematisch

sicher auf Restauration zurückzuführen ist.
Die Meinung aber, daß mit den Bildern wegen
der schlechten Erhaltung überhaupt nichts
anzufangen sei, wird gerade durch die Gleich-
heit ihrer alten stilistischen Sonderart widerlegt.
Lorenzo di Credi durfte offenbar an den
Figuren nichts von Belang verändern, als er
Anfang des XVI. Jahrh. Thron und Hinter-
grund in der Fiesolaner Tafel umgestaltete.
Da es nun gestattet ist, an der Echtheit des
Pittibildes zu zweifeln, wird dies auch der Fieso-

Abb. 2. Madonna mit Heiligen. S. Domenico bei Mesole.

zu legen und die Füße unten mechanisch dran
zu setzen. (Man vergleiche Abb. 1 und 2.)
Nun mögen die Kunstforscher sich dazu äußern,
ob es ein leichtsinniges Verfahren ist, diese
beiden Bilder ein und derselben Hand zuzu-
weisen! Der Vergleich darf sich freilich nicht
auf die einzelnen Nuancen der Farbe erstrecken,
weil die Erhaltung namentlich im Pittibilde
nicht gut ist, dessen etwas weichere Haltung

) Bei den zwei Madonnengruppen ist jedoch die
Anlehnung an zwei ganz verschiedene Werke zu be-
rücksichtigen.

laner Tafel gegenüber erlaubt sein, die genau
im selben Kunstgeist und in derselben Kunstart,
also wohl auch von derselben Hand gemalt ist.
Daß die fünfteilige Predella in der National-
galerie zu London (Abb. 4) zu dem Altarbild
in Fiesole gehört, wird von niemand bestritten.
Daß beide dem Stil nach zusammengehören
müssen, lehrt wieder ein vergleichender Blick.
Diese Dutzende von Figürchen sind genau mit
derselben Trockenheit und kühlen Monotonie
gearbeitet wie die Figuren des Altarbildes und
ihr Reiz ist eben wie der der Engel um die
 
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