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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Braun, Joseph: Unveröffentlichte mittelalterliche Paramente
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0023

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17

1910. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. '•

18

Unveröffentlichte mittelalterliche Paramente.

(Mit 7 Abbildungen.)

||an könnte glauben, bei all den For-
schungen und Inventarisierungen
der letzten Dezennien seien wohl
kaum mittelalterliche Paramente
von irgendwelcher Bedeutung unbeachtet ge-
blieben. Allein man würde irren, wie die
ebenso durch ihr Alter und ihre Seltenheit,
wie ihre Eigentümlichkeiten gleich bemerkens-
werten Stücke beweisen, auf die ich in den
nachfolgenden Zeilen die Aufmerksamkeit der
Freunde der mittelalterlichen Paramentik und
der mittelalterlichen textilen Künste lenken
möchte. Es war ein Zufall, daß ich zu ihrer

der Rückseite — fehlen hier doch selbst Faul-
flecken — schließt den Gedanken an ein
eigentliches Grab gänzlich aus. Dazu kommt,
daß wenigstens eines der Gewänder vielleicht
noch im XVIII., jedenfalls aber noch im XVII.
Jahrh. gebraucht worden sein muß. Es ist nicht
einmal bekannt, wann die Paramente in den
Besitz des Herrn Pfarrers Laib gelangten.
Drei Details, ein Stoffmuster und zwei Sticke-
reien, hat dieser in den Beilagen zum „Kirchen-
schmuck" wiedergegeben, *) doch darf man
daraus wohl kaum den Schluß ziehen, daß
die Paramente erst in so später Zeit in seine

Abb. 1.

Kenntnis kam. Sie befinden sich im Besitz
des hochwürdigsten Herrn Bischofs von Rotten-
burg, Dr. Paul Wilhelm von Keppler, der sie
aus dem Nachlaß des um die Pflege christ-
licher Kunst so verdienten Pfarrers Laib, seines
Oheims, erhielt. Da der hochwürdigste Herr
die große Güte hatte, mir auf meine Bitte
die Paramente zuzuschicken, wofür ich auch
hier herzlichst danken möchte, hatte ich alle
Muße, sie eingehend zu untersuchen.

Woher die Paramente kommen, ist nicht
bekannt. Der ehemalige Besitzer hat darüber
leider keine Angaben hinterlassen. Es heißt
nur, sie stammten aus einem Bischofsgrab,
doch kann, wenn das zutreffend sein sollte,
nur an einen Schrein gedacht werden, nicht
an ein wirkliches Grab. Die ausgezeichnete
Erhaltung der Paramente, namentlich die
völlige Abwesenheit einer Beschädigung an

Hände kamen. Die Details wurden von ihm
nur mit der allgemeinen Angabe, daß sie
alten Gewandstücken entnommen seien, ver-
öffentlicht.

Die Paramente sind ein Amikt, eine
Albe, ein Manipel, eine Stola, eine
Kasel, also bis auf das Cingulum ein voll-
ständiger Meßornat. Dazu kommen dann
ferner noch ein Pannisellus und ein inter-
essantes Fragment einer bedruckten baum-
wollenen Kasel.

Der Amikt (Bild 1) ist aus einem lockeren,
fast kreppartigen Leinenbatist gemacht, 1,07 m
breit und 51 cm hoch. Am oberen Rande
ist er in einer Länge von 80 cm und einer
Breite von 13 cm, offenbar zum Zwecke

') Jahrgang 18G6, 1, Beilage HeftC; Jahrgang 1867,
Heft 1, Beilage 5, und Jahrgang 1870, Heft 2, Beilage 1.
 
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