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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Schnütgen, Alexander: Sieben Papiermaché-Reliefs des späteren Mittelalters
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0036

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Abhandlungen.

Sieben Papiermach6-Reliefs des
späteren Mittelalters.
(Lp,

(Mit ö Abbildungen auf Tafel II
und 2 Abbildungen im Text.)



elter, als gewöhnlich ange-
nommen wird, ist die Papier-
mache-Technik, eine Ver-
mischung von Kreide und
Leim mit Papierabfällen
und sonstigen Bindemitteln,
zur Erreichung plastischer
Gebilde aus Hohlformen. —
Als Deckenverzierung ist
sie bereits im XIII. Jahrh.
nachweisbar, als welche sie
zu Gent in der Form von
, Rosetten sich erhalten hatte,

em uralten Stuck verwandt, aber der größeren
eichtigkeit wegen, für diesen Zweck ihm vor-
zuziehen. Der Papierbrei wurde in einer Form
von Holz, noch besser, der Porosität wegen,
aus Ton, gepreßt. Um das Relief, leicht zu
gestalten, wurde der Brei dünn in die Form
gestrichen und über ihm als fester Untergrund
emwand gepreßt, wenn es sich um die Er-
reichung einer stärkeren Ausladung handelte.
° aber nur ein flaches Relief erstrebt wurde,
ente ein Brett der abgezogenen Breidarstellung
nterlage, wenn dieser nicht eine Vereinigung
mehrfacher aufeinander geklebter Papierlagen
aus der flachen Form scharf ausgepreßt, als
uflage gegeben wurde. An der Luft getrocknet,
er durch künstliche Erwärmung, wurde das
Relief regelmäßig bemalt.

^n Italien ist das Papiermache, im An-
schluß an die so beliebten Terrakotten, schon
m XIV. Jahrh. zur Verwendung gelangt, in
den Nachbarländern bald nachher, so daß
»an in der spätgotischen Periode dieser Technik
fast überall begegnet, in Nord- und Süd-
deutschland, in den Niederlanden, in Belgien
und Spanien. Was sie für die Gewinnung häus-
'cher Devotionstafeln besonders empfahl, war
die wohlfeile Herstellung und das durch seine
widerstandsfähigkeit und Leichtigkeit so geeig-
nete Material, welches vor dem leicht zerbrech-
ichen Ton und Gips den Vorzug verdiente.
L Ovales Relief des Kruzifixus mit
Maria und Johannes, 28 cm hoch, 23 cm breit,

in Florenz gekauft, dürfte um die Mitte des
XIV. Jahrh. in Mittelitalien entstanden sein
mit Einschluß der Bemalung, die außer der
Polychromie der Figuren in den handwerks-
mäßig aufgestrichenen schwarzrötlichen Blumen-
ranken besteht zur Belebung des Grundes.
2. Rechteckiges Relief mit'- dem
ursprünglichen Rahmen, 31 cm hoch, 26 cm
breit, in Freiburg (Baden) erstanden, vielleicht
auch entstanden, und zwar nach Maßgabe der
Kostüme, Architektur, Faltengebung, in der
ersten Hälfte des XV. Jahrh., so daß die auf-
gemalte Inschrift 1555 wohl die Zeit der Be-
malung wie der Fassung bezeichnet. Außer
den Gekreuzigten mit Engel und Teufel, welche
je die Seelen der beiden Schacher holen, um-
faßt die Szene im flachsten, aber doch durchaus
scharfen Relief 27 Personen, von denen sechs
zu Pferde. Trotzdem ist die Komposition
durchaus klar, so daß hier für diese Technik
eine geradezu mustergültige Leistung geschaffen
ist, die, bemalt, einen so formschönen wie
erbaulichen Wandschmuck bildet, leicht her-
stellbar und fast unverwüstlich.

3. Rundes Medaillon, 15 cm im Durch-
messer, vertieft in einem viereckigen Rahmen
liegend, vor 15 Jahren in Aachen gekauft, aus
stilistischen Gründen wohl in Flandern kurz nach
der Hälfte des XV. Jahrh. ausgeführt. Die Gottes-
mutter, die sitzend die Huldigung der hl. Drei-
könige entgegennimmt, ist, wie diese, sehr flach
und scharf modelliert in prachtvoller, an Memling
erinnernder Zeichnung; die durchschnittenen
kleinen Figürchen in der Bekrönung beweisen,
daß die Form größer und viereckig war. Von
der feinen Polychromie haben sich am besten die
vergoldeten Partienerhalten, welche die enorme
Widerstandsfähigkeit des Blattgoldes beweisen.
Technik wie Ausführung verraten eine hohe
Vollendung, trotz der mangelhaften Erhaltung.
4. ViereckigeTafel, 31«« hoch, 56 cm
breit, mit den 3 ca. 2 cm ausladenden Stand-
figürchen der Gottesmutter, der hh. Katharina
und Barbara, die je mit gotischer Minuskel-
schrift (Hymnenverse) und Profilen umgeben,
durch Rosettenfries getrennt sind, mit großen
vergoldeten Tellernimben und bemalt. Vor 20
Jahren in Köln erworben, stammen sie ohne
Zweifel aus Westfalen, weil durchaus verwandt
den Tonreliefs des Jodocus Vredis, der in den
 
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