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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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191

1910.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

192

sind mir grundverschiedene Leute! Ein und
dasselbe Thema behandelt Bernini mit dem ganzen
Mystizismus früherer Jahrhunderte, vielleicht mit einem
ganz leisen Einschlag von Satire, seine Leiber geben
wohl Schönheitsfreude, weniger aber das Fleisch wieder,
über das leber.swarme Erregung sich legt; Rubens
aber macht dasselbe Sujet zu einem Freudenfest des
Fleisches selbst. Bernini schlägt in seinen Skulpturen
mehr weiche, oft weichliche Akkorde an, um durch
den nackten Körper religiöse Regungen wachzurufen,
Rubens peitscht die religiösen Gefühle auf in fast
grotesk dramatischen Kompositionen fleischiger, ja
fleischlicher Menschenleiber. So schrankenlos und
unbekümmert hat Bernini seine Kraft und Leidenschaft
nicht austoben können, wie Rubens.

Wenn der Titel des Buches ausdrücklich von
„christlicher Kunst" spricht, dann gehörten auch die —
man macht sich mißliebig, wenn man von den Leuten
überhaupt noch spricht — die Nazarener in den Kreis
der Betrachtung, ich wage zu behaupten, mit an erster
Stelle. Cornelius ist nur eine Sonne, die nachbarliche
Beziehungen unterhielt und an ihn und um ihn grup-
pieren die andern sich nicht. Gerade bei ihnen wird
die Darstellung des nackten Körpeis zum Problem,
von ihnen selbst hin und her in der Praxis erörtert
und hundertfach erwogen.

Ich habe Haendckes Buch mit großem Interesse
und mit außerordentlich viel Nutzen gelesen; seine
Führungen sind unterhaltend, fast pädagogisch klug
abgegrenzt und überlegt. Er sollte des öfteren gerjde
so umfassende Fragen der Beantwortung näherbringen,
denn er sah vieles und fühlte mit vielen Künstlern,
und ihm steht ein besonderes, fast seltenes Rüstzeug
zur Seite: Eine weitschichtige Kenntnis der Kultur-
geschichte, die ja imme- den Hintergrund abgibt.
Sicher wird Haendckes Buch viel und gern gelesen
werden.

Köln. Fritz Witte.

BerühmteKunststätten,49u.50___E.A. Seemann.

49. Die Römische Campagna von Bruno
Schrader. Mit 123 Abbildungen. (Pr. geb. M. i.)
Einem großen Todesacker gleicht die engere und
weitere Umgebung Roms; kaum irgendwo gibt es so
viele kostbare Erinnerungen, so viele bedeutungsvolle
Spuren, so viele gewaltige Ruinen und Denkmäler über
und unter der Erde, kaum irgendwo solche Zeugen der
Vergangenheit, aber auch so viele Fragezeigen. Wer
jene will reden hören, wer auf diese Antwort sucht,
bedarf des kundigen Führers. — Hier bietet er sich
in bester Form, knapp, aber ausgiebig, geistvoll und
zuverlässig, berichtend und beschreibend, an der Hand
scharfer Abbildungen, die gut ausgewählt sind. — Vier
Abschnitte gliedern das Ganze, indem sie „Aus der
Landesgeschichte" einen Überblick über deren
ganzen Verlauf bis jetzt zusammenstellen, um sodann
„Vor den Toren Roms" die Landstraßen und
Brücken, die Villen, Gräber und Türme, die Kata-
komben und die späteren Monumente zu besehen.
Die Urgeschichte, also die ganze Reihe der „Unter-

gegangenen Städte" erfährt sorgsame Prüfung;
„Vom Bergrande", vom Albanergebirge winken
Tivoli, Cori, Norma, Ninfa mit allen ihren Gedenk-
zeichen. — Das handliche Büchlein ist mithin für den
iömischen Touristen ein vorzüglicher Begleiter.

50. Brüssel von Henri Hymans. Mit 128 Ab-
bildungen. (Pr. geb. M. 8.)
Für die Weltausstellung bedürfte Brüssel mit all'
seinen Kunstschätzen eines durchaus bewährten Führers.
Als solcher erscheint Hymans, der zuerst ganz kurz
über die Entstehung und Entwicklung der Stadt be-
richtet, um von seinem einzigen Grand Place mit s-einem
Rathaus und Maison du Roi ausgehend, sämtliche
Denkmäler zu besuchen, die kirchlichen (namentlich
St. Gudula) wie die profanen, die alten wie die neuen,
vor allen die Museen, welche der Stadt ihien be-
sonderen Kunststempel aufprägen. Nacheinander wird
dem Museum für moderne Kunst, dem Kupferstich-
kabinet, dem Alten Museum, (auch dem Arenberg
Palais), dem Waffenmuseum, dem Kunstgewerbemuseum
im „Parc du Cinquantenaire" (welches, etwas entlegen,
nicht hinreichend bekannt ist im Verhältnis zu seiner
Bedeutung), zuletzt dem Antikenmuseum ein Besuch
abgestattet, der um so lehrreicher, weil den jeweiligen
wertvollsten Gegenständen sehr gute Abbildungen ge-
widmet sind. Auch das nicht erwähnte, wenig be-
kannte, aber sehr wertvolle, Privatkabinet des Herrn
Veimeersch verdient von Seiten wirklicher Kenner
wohl einen Besuch. — Dieser 50. Band ist also
gerade zur rechten Zeit erschienen. Schnütgen.

Die Gebäude von Florenz, Architektur, Straßen
und Plätze in alphabetischen Verzeichnissen von
Walther Limburger. Mit einem Plane des
gegenwärtigen Florenz und einem Plan vom Jahr
1783. — Brockhaus in Leipzig 1910. (Pr. M.6.50.
Seinen Zweck, auf dem Gebiete der Architektur und
Topographie von Florenz und der sich darauf beziehen-
den Literatur den Kunsthistorikern ein zuverlässiges Nach-
schlagebuch zu liefern, hat der Verfasser in mühsamer
Arbeit erreicht, für die er vollen Dank verdient. —
Den Hauptinhalt bildet ein alphabetisch geord-
netes Verzeichnis der öffentlichen und der
privaten Gebäude. Daß hierbei die ersteren in
relativer Vollständigkeit aufgeführt werden, mit Ein-
schluß der nicht mehr vorhandenen, die letzteren nur,
insoweit sie noch erhalten sind, dürfte das Richtige
treffen. Auch das Bestreben, bei den Bauten so viel
als möglich, die ausführenden Architekten festzustellen,
wo dieses nicht möglich, die Entstehungszeit, ist >ehr an-
erkennenswert, nicht minder das beigefügte „Künstler-
verzeichnis", wie das „Verzeichni s der gegen-
wärtig en und früheren Bezeichungen der
Straßen", usw. — Der große Plan des vom Ver-
fasser bearbeiteten Florenz in seiner gegenwärtigen
Gestaltung, wie die photographische Nachbildung des
älteren Planes sind schätzenswerte Beigaben, die dem
Kunstforscher die Orientierung außerordentlich er-
leichtern. G,
 
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