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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Schnütgen, Alexander: Die Sammlung Schnütgen, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0160

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Abhandlungen.

Die Sammlung- Schnütgen V.

(Mit Abbildung 5 — Tafel VIII.)

iese zweite Aufnahme des
Saales bietet von dessen
Inhalt ein viel mannig-
faltigeres und, wegen der
längeren Expositionsfrist für
den Apparat, auch viel klareres
Bild. Es umfaßt hauptsächlich
die Längswand, deren Schluß mit dem An-
fang von Abbildung 4 zusammenfällt, während
sie selber mit dem Ausgang der südlichen
Fensterwand beginnt. ■— Ein westfälisches,
figurenreiches Kreuzigungsgemälde um 1500
hängt über dem neuen gotischen Tisch, der
mit kirchlichem Metallgerät, namentlich mit
italienischen Weihrauchschiffchen des XIV.
und XV. Jahrh., reich besetzt ist. — Die Ecke
beherrscht, wie auf Abbildung 4, eine lebens-
große polychromierte Standfigur von Multscher,
die den hl. Johannes Baptist darstellt. Sie reicht
bis nahe an die große Tür mit ihrem Einblick
in dasfolgende„Goldschmiedezimmer", demeine
besondere Aufnahme vorbehalten bleibt. Ihr
großer, hier zusammengezogener Vorhang, eine
Knüpf- und Stopfarbeit mit Wappen und Borten,
ist ein Meisterstück süditalienischer Herkunft.
Über ihr beginnt die obere, aus drei spätgotischen
Klappaltärchen und drei altkölnischen Flügel-
gemälden bestehende Bilderreihe, die einen sehr
harmonischen Abschluß bildet. Die Klapp-
altärchen sind dadurch gewonnen, daß drei
polychromierte Holzgruppen bzw. Reliefs je
eine verzierte Kasteneinfassung, und durch
stilistisch verwandte Flügelgemälde eine Er-
gänzung erhalten haben, die sie als alte Schau-
altärchen erscheinen lassen. Durch diese Bei-
spiele sollte gezeigt werden, daß eine geschickte
Hand imstande ist, solche alten Bestandteile,
die durch Isolierung leicht in Verfall geraten,
zu erhalten, sogar wieder in den kirchlichen
Gebrauch einzuführen. — Der Wandstreifen
zwischen den beiden Türen unten ist durch
zwei westfälische Chorstuhlwangen der Spät-
gotik gefüllt, deren Gestell mit Kassetten und
Standfigürchen sowie mit zwei Klappaltärchen
kölnischen Ursprungs besetzt ist, das eine aus
dem Anfange, das andere aus der Mitte des
XV. Jahrh. mit Miniaturgemälden des Meisters

Stephan Lochner. Ein beiderseitig bemaltes
Holzkreuz aus der Schule Giottos scheidet
dieselben und ragt in das Gemälde des „Meisters
von Cappenberg" um 1530 mit der figuren-
reichen Darstellung der Dreikönigenszenen.
Ein italienisches Vortragekreuz um 1400 aus
vergoldetem Messing und ein großes, reich
vergoldetes Holzkreuz aus Tirol um 1500
flankieren dasselbe. — Über der kleinen Türe
steht eine ganze Reihe von zumeist kölnischen
Holzstatuetten aus dem Beginn und Schluß des
XV. Jahrh.: einesehrcharakteristische Madonna
mit bereits ganz nacktem Kind aus der Zeit um
1430, eine zweite, etwas spätere in breiter
Drapierung, ein Selbdritt mit alter Polychromie,
die auch der zierlichen St.-Barbara-Statue der
Spätgotik erhalten geblieben ist. — Was von
dem Sedile daneben noch in die Erscheinung
tritt, ergänzt und verdeutlicht die bezüg-
liche Partie auf Abbildung 4. — Der mitten
im Saale stehende alte Balustertisch ver-
deckt die Türe durch die dichte Grup-
pierung der auf ihm postierten, teils mittel-
alterlichen, teils späteren Gegenstände aus
Holz und Metall. Der Aufsatz mit dem
doppelten Flügelpaar ornamentalerund figuraler
Malerei ist spanischen Ursprungs um 1600,
noch etwas später das ungewöhnlich hohe und
reichversilberte Metallkreuz kölnischer Her-
kunft, neben dem Christus an der Geißelsäule
als edle rheinische Barockfigur sich zeigt.
Ein silberplättiertes, gut verziertes Kreuz mit
Porzellankruzifixus, ebenfalls kölnischer Ent-
stehung, kündet den Zopf an, während das
(vergl. Bd. XXIII, Sp. 15/16) holzgeschnitzte
Ostensorium in den Anfang des XV. Jahrh.
zurückreicht. Der daneben ganz im Profil er-
scheinende schlanke, sehr realistische Holz-
kruzifixus mit seinen zahlreichen, durch die
Polychromie noch verstärkten Blutstropfen
dürfte um 1500 in Spanien entstanden sein. —
Die den Fußboden schmückenden Smyrna-
Teppiche des XVII. und XVIII. Jahrh. bildeten
in der Zusammenwirkung" der Ausstattung ein
wichtiges Glied, welches im Bunde mit den
bunten Glasgemälden des XII. bis XVI. Jahrh.
dem ganzen Raum, trotz der Überfülle, den
Eindruck des Harmonischen, sogar des Behag-
lichen verschaffte. Schnütgen.
 
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