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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Literatur.

Die Baugeschichte des Schlosses Iburg,

insbesondere des Rittersaales, zugleich ein Beitrag
zur Geschichte der Denkmalpflege, von Dr. ing.
Wilh. Jänecke. Beiträge zur Westfälischen
Kunstgeschichte, herausgegeben von Dr. H. Ehren-
berg. Heft 4. Münster, Universitätsbuchhandlung
Franz Coppenrath. 88 S. 40 Abb.

Der oberhalb Iburgs, des bescheidenen Fleckens
zwei Meilen südlich von Osnabrück, ragende lange
Bergrücken trägt seit Urzeiten eine Burg, die schon
Wittekind, Karls des Großen Widersacher, inne-
hatte, die sich bereits früh in eine Residenz der
Osnabrücker Bischöfe verwandelte, und zu der sich
dann ein Kloster gesellte. Schloß und Kloster
blieben nebeneinander bestehen; das letztere er-
fuhr in der Mitte des 18. Jahrhunderts einen
gründlichen Neubau, dessen Gebäudemasse mit
der gotischen Klosterkirche noch heute die Höhe
beherrscht, freilich längst weltlichen Zwecken
überliefert. Das Schloß ist dagegen im ganzen
so geblieben, wie es zuletzt im 18. Jahrhundert
von den Bischöfen noch benutzt wurde; später
freilich zu Amtsräumen und Dienstwohnungen
eingerichtet. Die Schloßkapelle dient heute als
protestantisches Gotteshaus. — Der bauliche Zu-
stand entspricht aber im ganzen dem nach der
Mitte des 17. Jahrhunderts heute noch ziemlich
genau; das Schloß enthält außerdem einige Teile
aus dem späteren Mittelalter, insbesondere einen
achteckigen Hauptturm.

Wenn es sich nun hier in der Tat mehr um
ein historisch, als um ein baukünstlerisch bedeut-
sames Bauwerk handelt, das obendrein die Höhe
des Berges mit dem anderweit schon verschiedent-
lich behandelten Klosterbau zu teilen hat, so ist
das Buch doch interessant als eine in vieler Hin-
sicht musterhaft klare Darstellung der Geschichte,
Entstehung und der heutigen Erscheinung des
Bauwerkes, sowie der baulichen Vornahmen zu
seiner Unterhaltung und Instandsetzung, zuletzt
seines künstlerischen Inhaltes. Gerade hierfür
scheint es mir in vieler Hinsicht wertvoll und
lehrreich; nur deshalb hat der Verfasser es auch
einen Beitrag zur Geschichte der Denkmalpflege

Zeitschrift für Geschichte der Architektur. III.

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genannt. Wer mit ähnlichen Aufgaben zu tun
hat, wird mit Interesse dieser Darstellung, wie der
Beschreibung der vom Verfasser — Kreisbauin-
spektor in Osnabrück — amtlich vorgenommenen
Maßregeln folgen, die sich hier ergaben, um das
mehr und mehr baufällig werdende Bauwerk in
normalen Stand zu setzen, ohne Aufwand von
besonderen Mitteln, ohne Verschönerungen und
Aufputz, noch künstliches Theater, wie das bei
solchen Aufgaben sonst gar oft aufzutreten pflegt.

So ist denn nicht aus dem Bauwerk ein Parade-
stück, ein Renommierschloß für Fremde gemacht,
sondern das alte Schloß nur vor weiterem Verfall
geschützt, sind Schwächen beseitigt, soweit sie
den Bestand gefährdeten, ist das Ganze wieder
gesäubert und in Ordnung gebracht, aber nirgends
mehr getan, als eben die alte preußische Ordnung
verlangt. Und gerade darüber muß man sich,
aufrichtig gesagt, freuen und folgt mit Vergnügen
des Verfassers Leitung.

Das einzige im Schlosse, was aus dem Rahmen
der einfachen Landresidenz eines bescheidenen
Fürsten herausfällt, ist der alte Speisesaal, scheuß-
lich «Rittersaal» benannt; ein Raum, der immerhin
als ein höchst interessanter, ausgezeichnet, d. h.
unverändert erhaltener Prunksaal aus den Jahren
1653—58 bezeichnet werden muß, in aller der
derben Einfachheit und doch kraftvoll barocken
Art jener Zeit; die Decke trägt, inmitten gemalt,
eine mächtige perspektivische Höhenarchitektur,
ringsum mythologische Bilder; die getünchten
Wände haben an den Querwänden je zwei
prächtige Türen, dazwischen hier Säulenkamine
mit Gemälde, dort Büfett, in den Langwänden je
vier tiefe Fensternischen. Die Wände hängen voll
von Bildern osnabrückischer Bischöfe, der Fuß-
boden ist in übereck stehendem Schachbrett-
muster farbig geplättet. Mobiliar fehlt leider,
doch der Eindruck ist bedeutend und bleibt; ich
habe den Saal seit 30 Jahren nicht wiedergesehen,
und noch steht er in meinem Gedächtnis ganz
frisch vor mir.

Interessant ist es, daß die etwa 10 m breite
Saaldecke sich im Laufe der Jahre immer mehr
durchbog und dann im 18. Jahrhundert drei
mittlere Holzsäulen erhielt, die mit einer langen
Schwelle darüber weitere Senkung hindern. Man
hat sie auch heute stehen lassen, und sie be-
reichern das Bild und seinen Eindruck; es ist

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