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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Pomtow, Hans: Die alte Tholos und das Schatzhaus der Sikyonier zu Delphi, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0129

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Die alle Tholos und das Schatzhaus der Sikyonier zu Delphi. 115

Stiftloch auch auf der Unterseite erkennbar (Platte IV); an den anderen Platten, auch
links unten an Platte V, sind die betr. Stellen, wo sich die Stifte unten befunden haben
müssen, alle im Gips verschwunden. Das meist über den Metopen befindliche, aus einem
Stück mit ihnen gearbeitete Band kann hier besonders hergestellt gewesen sein.1 Es mußte
aus einer Ilachen, vorn ca. 6 cm hohen Platte bestanden haben, die oben in der schmalen
(ca. 8 cm dicken) Metopenwand eingestiftet war und, im Gegensatz zu den Reliefs,
aus gewöhnlichem Porös bestanden hätte.

Daß wir gerade 7 größere Platten und Bruckstücke der Reliefs besitzen, schien mir
kein Zufall. Denn 7 wäre gerade die Höchstzahl an Metopen, die die «Vorhalle» über-
haupt gehabt haben könnte, — wie aus der früher taxierten Säulenzahl hervorgeht
(4 Säulen in der Front, je eine an den Seiten; also vorn 3, an den Seiten je 2 Metopen).
Und vielleicht kann ein Fachmann aus der mehrmals übereinstimmenden Entfernung und
Anzahl der eben besprochenen Stiftlöcher auf die Verteilung der einzelnen Metopenreliefs
auf Front und Seiten Schlüsse ziehen. Die Größe der Figuren —
etwa Eber und Europa an den Seiten, Argonauten und figurenreichere
Platten in der Front — scheint hierbei keine Rolle zu spielen, da
Homolle (Bull. 20, p. 664) gezeigt hat, daß man die Figurengröße
dem Metopenfeld anpaßte, das man stets bis obenhin ausfüllen wollte,
aber es ist doch auffallend, daß sich die Darstellungen deutlich in
zwei Gruppen scheiden. Das eine Mal sind figurenreiche Szenen
und Handlungsgruppen gegeben, wobei die zwei Argoplatten viel-
leicht einer Reihendarstellung des Argonautenzuges angehören, das
andere Mal erscheinen nur Einzelbilder (Stier, Eber, Widder). Das
ist schwerlich Zufall und läßt wohl auf eine Disposition nach Vorder-
und Seitenwänden schließen.

Auch bei diesem Bau soll das bisher Gewonnene in einer Re-
konstruktion zusammengefaßt werden (Abbildung 18 auf Tafel I).
Sie veranschaulicht den Aufbau und die Maße des Gebälks an der
linken Gebäudeecke der Vorderfront, aber von der Langseite aus
gesehen, wo über dem erhaltenen Architravstück und unter der
vorhandenen Hängeplatte die Triglyphen und das Metopenband ergänzt sind; erstere nach
Maßgabe ähnlicher, aber mit glatten Metopen versehener delphischer Porostriglyphen vor
dem Museum, die nur in der Höhe etwas kleiner sind (einschl. Metopenband 57,8). In
diese architektonische Umrahmung wurde die am besten erhaltene Metope (kalydonischer
Eber) eingesetzt, und als sich hierzu die Vervollständigung des Tieres nach rechts als
nötig erwies, hat Herr Professor Reichhold-München die Güte gehabt, die Eberschnauze mit
den Hauern und die Vorderklauen zu ergänzen. Das Genauere in Teil III, 8. Hinzu-
gefügt ist in Abbildung 19 der Schnitt durch dieses Gebälk, zu dem unten S. 120 und
im Äginawerk Taf. 40 zu vergleichen ist.

Dem Alter nach gehört der Stil der Reliefs jedenfalls in die erste Hälfte des VI. Jahr-
hunderts, und zwar eher gegen ihre Mitte und Ende als an den Anfang. Also wohl in
die Jahre 580—550 oder 580—560.2 Vergl. auch L. Curtius, Bcrl Phil. Wochenschr. 1905,

1 Auch im Bull. (20, 604) ist dies, wie ich sehe, hervorgehoben und bemerkt, daß sich dieselbe Er-
scheinung auch «bei einigen anderen Monumenten finde».

2 Homolle sagt Bull. 20, 672, auf Grund einer Vergleichung mit den Metopen der Selinuntischen

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Abbildung 19. Schnitt
durch das Gebälk des
Rechteckbaues. (1 : 30.)
 
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