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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Pomtow, Hans: Die alte Tholos und das Schatzhaus der Sikyonier zu Delphie, [2]: von H. Pomtow
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0190

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174 ' H. Pomtow- Berlin. 1

terrasse unter dem Tempel hatte im Innern fast genau denselben Flächeninhalt (einschl.
der Apsis) — es wird darum in Abschnitt 10 publiziert und diese Übereinstimmung für
die Geschichte der Musikbauten verwertet — und die Cella des sogenannten Cäre-Agylla-
Thesauros maß innen 2,88 X 3,80, die des Potidäahauses innen 3,50 X 3,50. Obwohl
das oblonge Bauten sind, ist z. B. der Flächeninhalt des ersteren nur 3/* qm größer als
der unserer runden Cella, nämlich 10,94 qm gegen i,2tt = 1,802 X y = 10>18

qm.

Bei einem Außendurchmesser der Cella von ca. 4,36 bliebe als Peristylbreite nur
6,4o-4j6 _ j m^ ajgo aj)ZUgij,c}1 ,jes unteren Säulendurchmessers (0,45) nur ca. 57 lichte
Breite des Umgangs übrig. Dieses Maß, das in der Orthostathöhe wiederkehrt, würde
gerade genügen, um zwischen Säulen und Wand durchzuschlüpfen, und ähnliche Maß-
verhältnisse des Peristyls scheinen auch bei italischen Rundtempeln vorzukommen, weniger
bei griechischen. Andererseits ist hervorzuheben, daß wir keine zweite so kleine griechische
Tholos kennen (der Romatempel auf der Akropolis ist ohne Kern), daß die äußerst geringe,
in Delphi niemals wiederkehrende Wanddicke von 38 cm ebenfalls auf Raummangel deuten
kann — wenn man sie nicht auf akustische Gründe zurückführen will (siehe unten) —, daß
die beiden Vorhallen des Niketempels der Akropolis auch nur ca. 75 cm Weite zwischen
Wand und Säulen zeigen, daß unser rundes Peristyl mehr zum Schmucke als zum Um-
gange gedient haben mag, daß wir die alten delphischen Bauten nicht nach anderweitigen
späteren Analoga zu beurteilen haben, sondern umgekehrt für diese aus jenen lernen
müssen usw. Und schließlich wäre es nicht ausgeschlossen, daß die Ar chitravstücke einen
etwas größeren Radius haben könnten, als den bisher errechneten, etwa 3,40 statt 3,20 m,
womit sich die lichte Umgangsbreite auf ca. 77 cm erhöhen würde; ähnliches wäre freilich
auch für den Cellaradius möglich, etwa 2,30 statt 2,18 m, und höbe dann die präsum-
tive Peristylverbreiterung fast wieder auf. Ich glaube zwar nicht an solche Vergrößerung
der Radien, aber ihre Möglichkeit muß bei der Lückenhaftigkeit des bisherigen Materials
offen anerkannt werden.

Natürlich hätte eine Radienverlängerung die Vermehrung der Architrave und Säulen
von 13 auf 14 zur Folge. In der 1906 von mir hergestellten Skizze eines Architrav-
stückes, von deren Wiedergabe oben in Rücksicht auf die neuen Architektenaufnahmen
abgesehen war, sind die beiden Sehnen mit 1,50 m und 1,29 m, die Seitenlänge mit
0,45 m gemessen. Das ergäbe 1,50 : 1,29 = r: (r — 0,45) = 3,21 m, also genau den
Radius, der oben S. 102 mechanisch errechnet und in dieser ganzen Abhandlung ange-
nommen war. Aus der neuen Aufnahme in Abbildung 6, in der die kleinere Sehne leider
nicht gemessen ist, erhalten wir jedoch aus den Bogenlängen 152 : 1291/« = r: (r — 45,8 cm)
= 3,09, oder aus der Stichhöhe gar (^§-)2+(r—8,3)2 = r2 = 3,43 m. Das eine ist sicher
zu wenig, das andere wohl zu viel, beides scheint fehlerhaft und dürfte an zu groß
gemessener Seitenlänge liegen (45,8 statt 45 m). Diese Annahme findet eine Stütze
in dem Werkmaß der Tholos, das, wie wir sehen werden, auf l1/* Fuß Architravdicke
(ä 0,30 m) deutet. — Andererseits könnte auf den größeren Radius von 3,40 m die
Berechnung der Architrave c und d im Südfundament weisen (Abbildung 5). Hier habe
ich 1908 mit dem Stahlbandmaß auf das genaueste die sichtbaren Bogenlängen ge-
messen und bei d als Außenbogen mindestens 1,56 m, bei c als Innenbogen mindestens
1,35 m ermittelt. Die Verschiedenheit dieser Maße gegen 1,52 X 1,295 in Abbildung 6
kann nicht durch Versetzung von d über das breitere Eingangsinterkolumnium erklärt
werden, denn das zweite Stück c ist, nach dem Innenbogen zu schließen, ebenfalls länger
 
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