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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 8.1943/​1944

DOI Artikel:
Müller-Christensen, Sigrid: Zur Kostümgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts: Studien auf Grund der dänischen Königsgewänder im Schloss Rosenborg
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https://doi.org/10.11588/diglit.72858#0016
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Sigrid Finnland Christensen, Kostümgeschichte des 17.und 18. Jahrh.


Abb. 1. König Christian IV als Kind. Porträt von Hans Knieper.
Um 1585. (Rosenborg.)

liehen Lage, die Entwicklung für einen längeren Zeit-
raum an erhaltenen Kleidungsstücken ablesen zu kön-
nen. Die Kleiderkammer im Schloß Rosenborg mit
ihren zusammenhängenden Reihen von datierbaren,
unveränderten und mit wenigen Ausnahmen gut er-
haltenen Königskleidungen gibt ein selten anschauli-
ches und zuverlässiges Bild von Form und Farbe des
vornehmen männlichen Kostümes im 17. und 18. Jahr-
hunderts.
Dänemark ist nie ein Land gewesen, das „modebil-
dend" war. Von auswärts kamen die Vorbilder für die
Kleidung, so wie der Zeitgeschmack es fügte. Staaten
und Städte, von denen aus sich die Modebewegungen
verbreiteten, wechselten im Lauf der Jahrhunderte.
Dänemark empfing diesen Impuls nicht immer unmittel-
bar von seinem Entstehungsoll. Norddeutschland bil-
dete oft das vermittelnde Glied. So zeigt die vornehme
dänische Kleidung des 16. Jahrhunderts engste Ver-
wandtschalt mit der norddeutschen3). In den folgen-
den Jahrhunderten wandeln sich die Verhältnisse; die
Verbindungen erst mit England, dann mit Holland und
Frankreich wurden stärker und unmittelbar.

Die führenden Kreise des dänischen Volkes suchten
sich die jeweils herrschende Mode anzueignen, indem
sie dem Vorbild von König und Hof folgten. Im übri-
gen waren die ständischen und gesellschaftlichen Ver-
hältnisse durch Kleiderordnungen, die von der Re-
gierung verfügt wurden, genau festgelegt. Am kö-
niglichen Ilofe aber suchte man es im modischen Auf-
wand den hierin tonangebenden ausländischen Herr-
scherhäusern gleichzutun.
Als Christian IV.1588 die Regierung antrat, herrschte
noch die spanische Mode und Etikette an den europäi-
schen Höfen. Ihr Stil schrieb eine beinahe übertrie-
bene Enge, Knappheit und Festigkeit der Formen vor.
Das Kleid zwang den Körper in eine bestimmte, mo-
dellierte Form hinein. Das Wams saß wie angegossen
um Brust und Rücken, lang und eng in der Taille und
mit einem kurzen Schoß unter dem Gürtel. Am Hals
schloß es mit einem hohen, aufrechtstehenden, engen
Kragen, über den eine steife Krause hinausragte und
so den Kopf zu einer steifen Haltung nötigte (Abb. 1).
Entweder trug man kurze, ausgepolsterte Oberschen-
kelhosen, die sog. ,Jleerpauken", oder Pumphosen, die
am Oberschenkel eng anlagen (Abb. 2). Ferner hatte
man lange Strümpfe oder hohe Stiefel, deren Schäfte
aus weichem Leder die Beine glatt umspannten. Um
die Schultern hing ein kurzes Mäntelchen, das im all-
gemeinen nur den Rücken deckte und knapp den
Oberkörper umschloß. Zu diesem Kostüm wurde das
Haar kurz geschnitten getragen, so daß die Kopfform
klar zur Geltung kam. Falls man einen Vollbart trug,
war dieser nach der Form des Kinnes gestutzt.
In ihrer strengsten und engsten Form herrschte die
spanische Mode nur in ihrer Heimat. Je weiter sie
sich vom Ursprungsland entfernte, desto abgeneigter
zeigte man sich gegen ihre Kargheit an Formen
und ihren Verzicht auf bunte, helle Farben. Eine
unbesorgte Prunklust und aufgeschlossene Lebens-
freude scheidet zu dieser Zeit den protestantischen
Norden vom katholischen Süden.
1595 unternahm Christian IV.eine Reise an die nord-
deutschen Höfe, wo er die Zeit mit Aufzügen, Tour-
nieren und ähnlichen Vergnügungen verbrachte. Als
er im folgenden Jahre volljährig geworden war und
seine Krönung in Kopenhagen feierte, wurden große
Festlichkeiten im gleichen Stil gehalten. Ein paar'
Flugblätter zeigen einige dieser Aufzüge. Der Be-
schreibung, die der Kammersekretär der deutschen
Kanzlei, August Erich, von den Begebenheiten ver-

3'

) Vgl. Troels-Lund, Dagligt Liv i Norden. Bog IV. Kopenhagen 1929.
 
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