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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

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Michel, Wilhelm: Unser Verhältnis zum Hausgerät
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https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0174

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Wilhelm Michel—München:

pkof. hans von heider—Stuttgart. Brunnenhalle im Kgl. Wildbad.

Keramische u. Metall-Arbeiten: Kgl. Lehr- u. Versuchs-
Werkstätten, Kiesel-Mosaik: De Marco & Red., Stuttgart.

UNSER VERHÄLTNIS ZUM HAUSGERÄT.

Das Wort Hans Thoma's: »Ich für
mein Teil will nicht in einem Kunst-
werk wohnen!« machte vor einiger Zeit
die Runde durch die Blätter und wurde hie
und da in einem Sinne kommentiert, der
den modernen kunstgewerblichen Bestre-
bungen nicht günstig war. Der es aus-
sprach, wollte ihm allerdings auch eine
Spitze gegen diese Bestrebungen geben.
Die Zeit Hegt noch nicht lange zurück, da
die Theoretiker des modernen Kunstge-
werbes in allzu hohen Tönen und mit allzu
pathetischen Gesten von der Tätigkeit des
Innendekorateurs sprachen. Während wir
uns heute wieder zu der Erkenntnis durch-
gerungen haben, daß beim kunstgewerb-

lichen Schaffen vor allem praktischer Sinn
und Geschmack vonnöten sind, wurde da-
mals die Erfindung eines schönen Stuhles
allen Ernstes mit den höchsten künstle-
rischen Produktionsweisen in eine Linie
gestellt. Zudem ward ein Teil unserer
kunstgewerblichen Produktion damals von
einem hochgespannten, kränklichen Äst-
hetizismus beherrscht, der auf kräftige
Naturen abstoßend wirken mußte. Es
entstanden auf diese Weise anspruchsvolle,
nervöse Raumgebilde, die eine ganze
Menge von Forderungen an den Bewohner
richteten, ehe sie sich in ihre dienende
Rolle bequemen wollten. Diesen Ver-
irrungen gegenüber konnte einem deut-

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