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Dresdener Nachtbilde r.

L Die Sträutzchenvrrksuferin.

Es war ein schöner Sommersonntag und Nachmittags in
der großen Wirthschaft des großen Gartens Ertraconcert von
einem sächsischen Militärmusikchore und den Trompetern eines
preußischen Gardccürassierregiments. Eine zahllose Menschen-
menge drängte sich in den inner« Theil des zur Restauration
gehörigen Gartens zusammen und wogte vom Damm aus in
den schattigen Laubgängen auf und nieder, während zwischen
den Gruppen der Gäste von Tisch zu Tisch sich Knaben und
Mädchen im Alter von fünf bis zehn Jahren schlichen, Blumen-
sträußchen und Brodzwieback feilbietend. Selten nur wurde an
diesem oder jenem Tische den sich aufdrängenden Kindern eine
Gabe zu Theil oder ein Sträußchen gekauft, und wo nur ein
Gast dem einen der kleinen Bettler Etwas gab oder abkaufte,
da drängte sich mit Hast auch eine größere Anzahl hinzu, um
mit Bitten oder Anerbieten ihrer Maare den Käufer zu um-
lagern. Häufiger aber wurden Scheltworte und barsches Ab-
weisen den Zudringlichen zu Theil. Als der Abend nahete
und die Besucher des Concerts sich nach der Stadt zurückbe-
gaben, da zogen auch die Blumenverkäuferinuen und Brod-
zwiebackhändler durch die Baumgänge, lachend, neckend, zan-
kend und neidisch grollend, je nachdem sich der Verdienst des
Nachmittags herausgestellt.

Nur eins jener Kinder, ein Mädchen von höchstens sechs
Jahren, ging allein für sich in einem der Seitengänge der
Hauptallce nach der Pirnaischen Vorstadt zu und blieb, von
Zeit zu Zeit leise schluchzend, stehen. Das Kind hatte weder
einen Pfennig geschenkt erhalten, noch aus den Blumen Etwas
gelöst und gedachte mit Furcht und Zittern der Behandlung,
welche seiner daheim wartete, sobald es mit leeren Händen
zurückkehrte. Wenige Schritte hinter demselben ging ein ältlicher

Herr, welcher das weinende vor ihm herschleichende Mädchen auf-
merksam beobachtete, und es, als er ihm nahe war, theilnehmend
fragte: „Warum weinst du, mein Kind?" „Ach" — antwortete
es schluchzend — „ich habe noch keinen Pfennig heute eingenom-
men, und wenn ich leer nach Hause komme, da setzt es Prügel!"

„Und wer schlägt dich denn, armes Kind?" frug theil-
nehmend der alte Herr.

„Meine Stiefmutter," entgegnete schluchzend das Mädchen,
„denn meine rechte Mutter ist schon seit zwei Jahren todt." —
„Aber hast du denn noch einen Vater?" — „O jal" — „Und der
duldet, daß man dich schlägt." —„Der Vater schläft, wenn ich
komme, denn er ist immer nicsche." — „Was meinst du damit?"
— „Er trinkt viel Schnaps," wimmerte die Kleine und wollte fort.

„Halt!" sagte der alte Herr, „heute sollst du keine Schläge
bekommen!" — Und dabei gab er dem Mädchen ein Stück
Geld, indem er kopfschüttelnd fortging.

Das Kind dankte, und als es in die Vorstadt eintrat, blieb
es an der ersten Laterne stehen, indem es sich das erhaltene Geld-
stück, welches es bis dahin fest in der Hand gehalten, besah.
„Fünf Neugrosche»!" rief das Mädchen erstaunt, und ging weiter.

„O," sprach es für sich, „nun will ich mich nicht länger
in der Stadt aufhalten und eilen, daß ich zu Hause komme."

Schnellen Schrittes ging die Kleine fort bis an die Thüre
einer Branntweinwirthschaft, vor welcher zwei Knaben von
neun bis zehn Jahren und ein Mädchen von ungefähr acht
Jahren standen und ihre Blumensträußchen den Vorübergehenden
oder in das Haus Tretenden feil boten. Die Kleine wollte
den Kindern aus dem Wege gehen, allein diese versperrten ihr
die Straße und riefen höhnend: „He, he, die Line, die hat
heute nischt, die hat gegrinzt, die kriegt Keile!"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Dresdener Nachtbilder"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Schlaf <Motiv>
Kummer <Motiv>
Nacht <Motiv>
Karikatur
Frau <Motiv>
Kind <Motiv>
Zimmer <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 13.1851, Nr. 305, S. 134

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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